Seite 722 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Tor seine wehklagende Stimme: „Mein Sohn Absalom! Mein Sohn,
mein Sohn Absalom! Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben! O
Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“
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„So wurde aus dem Sieg an diesem Tag eine Trauer unter dem
ganzen Kriegsvolk; denn das Volk hatte an diesem Tage gehört, daß
sich der König um seinen Sohn gräme. Und das Kriegsvolk stahl sich
weg an diesem Tage in die Stadt, wie sich Kriegsvolk wegstiehlt,
das sich schämen muß, weil es im Kampf geflohen ist.“
2.Samuel
19,3.4
.
Joab aber war ungehalten. Gott hatte ihnen allen Grund zu Jubel
und Freude geschenkt. Die schwierigste Empörung, die es je in Israel
gegeben hatte, war niedergeschlagen. Und da wurde dieser große
Sieg um des Mannes willen in Trauer verwandelt, dessen Verbre-
chen das Blut Tausender tapferer Männer gekostet hatte. Der derbe,
rauhe Feldhauptmann drang bis zum König vor und sagte kühn: „Du
hast heute schamrot gemacht alle deine Knechte, die dir heute das
Leben gerettet haben und deinen Söhnen, deinen Töchtern, ... weil
du liebhast, die dich hassen, und hassest, die dich liebhaben. Denn
du läßt heute merken, daß dir nichts gelegen ist an den Obersten und
Kriegsleuten. Ja, ich merke heute wohl: wenn nur Absalom lebte und
wir heute alle tot wären, das wäre dir recht. So mache dich nun auf
und komm heraus und rede mit deinen Knechten freundlich. Denn
ich schwöre dir bei dem Herrn: Wirst du nicht herauskommen, so
wird kein Mann bei dir bleiben diese Nacht. Das wird für dich ärger
sein als alles Übel, das über dich gekommen ist von deiner Jugend
auf bis hierher.“
2.Samuel 19,6-8
.
So hart und grausam der Vorwurf für den tiefbekümmerten König
war, David grollte deswegen nicht. Er sah ein, daß sein Feldherr
recht hatte, und ging zum Tor hinunter. Dort grüßte er seine tapferen
Krieger, als sie an ihm vorbei marschierten, mit Worten des Lobes
und der Anerkennung.
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