Seite 726 - Patriarchen und Propheten (1999)

Basic HTML-Version

722
Patriarchen und Propheten
Auf Davids letzte Jahre fiel noch ein anderer Schatten. Er war
nun siebzig Jahre alt. Die Beschwerlichkeiten und Anstrengungen
des früheren Wanderlebens, die zahlreichen Kriege, Sorgen und Nöte
in späteren Jahren hatten seine Lebenskraft untergraben. Obwohl er
geistig noch klar und frisch war, verhinderten doch Altersschwäche
und der Wunsch nach Zurückgezogenheit ein schnelles Erfassen des-
sen, was im Reich vor sich ging. Abermals keimte in nächster Nähe
des Thrones eine Empörung. Und wieder zeigten sich die Folgen
von Davids väterlicher Nachsicht. Diesmal strebte Adonia nach dem
Thron, „ein sehr schöner Mann“ von Ansehen und im Auftreten,
aber charakterlos und leichtsinnig. Schon in der Jugend durfte er
sich alles erlauben: „Sein Vater hatte ihm nie etwas verwehrt sein
Leben lang, daß er gesagt hätte: Warum tust du das?“
1.Könige
1,6
. Jetzt empörte Adonia sich gegen die Autorität Gottes, der Sa-
lomo zu Davids Nachfolger bestimmt hatte. Sowohl nach seiner
natürlichen Begabung als auch nach seiner geistlichen Haltung war
Salomo besser zum Herrscheramt geeignet als sein älterer Bruder.
Doch es gelang Adonia, Anhänger zu finden. Auch Joab, der trotz
mancher Freveltaten dem Throne bis dahin immer treu gewesen war,
schloß sich der Verschwörung gegen Salomo an, ebenso Abjathar,
der Priester.
Der Aufstand war herangereift. Die Empörer versammelten sich
zu einem großen Fest vor den Toren der Stadt, um Adonia zum
König auszurufen. Aber ehe es soweit kam, wurden ihre Pläne von
einigen Getreuen durchkreuzt, allen voran der Priester Zadok, der
Prophet Nathan und Bathseba, Salomos Mutter. Sie legten dem Kö-
nig den Stand der Dinge dar und erinnerten ihn daran, daß nach
göttlicher Anweisung Salomo Thronfolger werden sollte. Daraufhin
dankte David sofort zu dessen Gunsten ab, und unmittelbar darauf
wurde Salomo gesalbt und zum König ausgerufen. Damit war die
Verschwörung im Keim erstickt. Die Anführer hatten mit der Todes-
strafe zu rechnen. Abjathars Leben wurde allerdings mit Rücksicht
auf sein Amt und seine frühere Treue zu David verschont, aber er
wurde seines Amtes als Hoherpriester enthoben, das auf Zadoks Li-
nie überging. Auch Joab und Adonia blieben vorläufig ungeschoren,
aber nach Davids Tod büßten sie für ihr Verbrechen. Die Urteilsvoll-
[724]
streckung an Davids Sohn vollendete das vierfache Strafgericht, das
Gottes Abscheu vor der Sünde des Vaters bezeugte.