Seite 153 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Jude und Nichtjude
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bisher von allen anderen Völkern unterschieden hatten, völlig ver-
schwinden würden, wenn die Einschränkungen und Kultvorschriften
ihres Gesetzes den Heiden nicht als Vorbedingung für die Aufnahme
in die christliche Gemeinde auferlegt würden.
Die Juden hatten sich stets der Gottesdienste gerühmt, die Gott
ihnen verordnet hatte. Viele von denen, die sich zum Glauben an
Christus bekehrt hatten, hielten es für unwahrscheinlich, daß Gott,
der einst die hebräische Ordnung des Gottesdienstes bestimmt hat-
te, jemals auch nur die geringste Abänderung billigen könnte. Sie
bestanden darauf, daß die jüdischen Gesetze und Zeremonien in
die Gebräuche der christlichen Religion übernommen würden. Nur
langsam erkannten sie, daß alle Sühnopfer auf den Tod des Soh-
nes Gottes hingewiesen und daß in ihm alle Bilder und Symbole
ihre Erfüllung gefunden hatten; deshalb waren die Zeremonien des
mosaischen Gottesdienstes auch nicht länger bindend.
Vor seiner Bekehrung hatte sich Paulus „nach der Gerechtig-
keit im Gesetz“ für „unsträflich“ (
Philipper 3,6
) gehalten. Nach
der Wandlung seines Herzens aber hatte er eine klare Erkenntnis
von dem Wirken des Heilands als Erlöser des ganzen Menschenge-
schlechts — der Juden wie der Nichtjuden — gewonnen. Er hatte
auch den Unterschied zwischen lebendigem Glauben und totem
Formenwesen begriffen. Die den Israeliten gegebenen Verordnun-
gen und Gebräuche hatten im Licht des Evangeliums eine neue,
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tiefere Bedeutung erhalten. Was sie bisher bildlich darstellten, war
Wirklichkeit geworden. Dadurch waren alle, die unter dem Neuen
Bund lebten, von der Befolgung dieser Anordnungen befreit. Gottes
unveränderliches Gesetz aber, die Zehn Gebote, hielt Paulus auch
weiterhin sowohl dem Geist als dem Buchstaben nach.
Die Frage der Beschneidung löste in der Gemeinde Antiochien
viele Streitgespräche und Auseinandersetzungen aus. Da nun die
Glieder der Gemeinde befürchteten, die fortgesetzten Meinungsver-
schiedenheiten könnten schließlich zu einer Spaltung führen, be-
schlossen sie, Paulus, Barnabas und einige verantwortliche Männer
der Gemeinde nach Jerusalem zu senden, um diese Angelegenheit
den Aposteln und Ältesten zu unterbreiten. Sie würden dort mit
Abgeordneten der verschiedenen Gemeinden und auch mit Brü-
dern zusammentreffen, die zum bevorstehenden Fest nach Jerusalem
kamen. Aller Streit sollte inzwischen ruhen, bis eine endgültige