Seite 161 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Jude und Nichtjude
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fen, sich bewußt zu werden, daß er unfähig ist, sein Lebensschiff
geradewegs und sicher in den Hafen zu steuern.
In seinem Predigtdienst mußte Paulus oft ganz allein stehen. Er
wurde von Gott in besonderer Weise unterwiesen, und er wagte es
nicht, Zugeständnisse zu machen, die seinen Grundsätzen zuwider-
liefen. Manchmal war die Last schwer, doch Paulus trat entschlossen
für das Recht ein. Er war sich darüber klar, daß die Gemeinde nie-
mals der Herrschaft menschlicher Macht unterworfen werden sollte.
Weder Überlieferungen noch menschliche Maßstäbe durften je an
die Stelle der geoffenbarten Wahrheit treten. Der Fortschritt des
Evangeliums sollte weder durch Vorurteile noch durch die Willkür
einzelner — ganz gleich, welche Stellung sie innerhalb der Gemein-
de einnehmen — behindert werden.
Paulus hatte sich mit all seinen Kräften dem Dienste Gottes ge-
weiht. Er hatte die Wahrheiten des Evangeliums unmittelbar vom
Himmel empfangen, mit dem er bis ans Ende seines Predigtdienstes
eine lebendige Verbindung unterhielt. Gott selbst hatte ihn unterwie-
sen, den nichtjüdischen Christen keine unnötige Lasten aufzuerlegen.
Als nun die judaisierenden Gläubigen in der Gemeinde Antiochien
die Frage der Beschneidung aufwarfen, kannte Paulus die Meinung
des Geistes Gottes darüber und nahm einen festen und unnachgiebi-
gen Standpunkt ein, der den Gemeinden die Freiheit von jüdischen
Gebräuchen und Zeremonien brachte.
Obwohl Paulus persönlich von Gott belehrt worden war, überbe-
wertete er nicht seine eigene Verantwortung. Während er von Gott
die unmittelbare Führung erwartete, war er doch stets bereit, die
Autorität anzuerkennen, die der Gesamtheit der christlichen Gläu-
bigen übertragen ist. Er fühlte, daß er des Rates bedurfte. Kamen
bedeutsame Fragen auf, legte er sie der Gemeinde vor und vereinigte
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sich mit seinen Brüdern im Gebet, um von Gott Weisheit zu erbitten,
damit die richtige Entscheidung getroffen werden konnte. Selbst
„die Geister der Propheten“ waren nach seinen Worten „den Prophe-
ten untertan. Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern
des Friedens.“
1.Korinther 14,32.33
. Mit Petrus lehrte er, daß alle,
die der Gemeinde angehören, „untereinander untertan“ (
1.Petrus 5,5,
Jubiläumsbibel
) sein sollen.
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