Seite 160 - Das Wirken der Apostel (1976)

Basic HTML-Version

156
Das Wirken der Apostel
aber, der erkannte, welch verheerenden Schaden Petrus durch sein
Doppelspiel der Gemeinde zugefügt hatte, tadelte ihn öffentlich, er
habe seine wahre Gesinnung verborgen. Vor der Gemeinde fragte er
ihn: „Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch,
warum zwingst du denn die Heiden, jüdisch zu leben?“
Galater 2,14
.
Petrus sah ein, daß er falsch gehandelt hatte, und bemühte sich
sofort, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Gott, der
[197]
das Ende schon von Anfang an weiß, hatte es zugelassen, daß Petrus
eine solche Charakterschwäche offenbarte, damit der so versuchte
Apostel einsehen möge, daß in ihm nichts sei, wessen er sich rühmen
könnte. Selbst die besten Menschen können sich irren, sobald sie sich
selbst überlassen sind. Gott sah auch voraus, daß sich in späterer Zeit
manche verleiten lassen würden, für Petrus und seine angeblichen
Nachfolger Rechte zu beanspruchen, die allein Gott zukommen.
Dieser Bericht von der Schwäche des Apostels sollte deshalb ein
bleibender Nachweis seiner Fehlerhaftigkeit und der Tatsache sein,
daß er keineswegs über den andern Aposteln stand.
Die Darstellung dieses Abweichens von den richtigen Grund-
sätzen ist eine ernste Warnung für alle, die Vertrauensstellungen im
Werke Gottes einnehmen, niemals vom Weg der Rechtschaffenheit
abzuweichen, sondern treu zu den Grundsätzen zu stehen. Je größer
die Verantwortung ist, die einem Menschen auferlegt wird, und je
umfassender er Gelegenheiten hat, Weisungen zu erteilen und Macht
auszuüben, desto mehr gerät er in die Gefahr, Schaden anzurichten,
wenn er nicht sorgfältig dem Weg des Herrn folgt und im Einklang
mit den Entscheidungen handelt, die die Gläubigen in gemeinsamer
Beratung getroffen haben.
Nach allen Niederlagen, nach seinem Fall und seiner Wiederan-
nahme, nach seinem langen Dienst und seiner innigen Gemeinschaft
mit Christus, nach seiner Kenntnis von des Heilands redlicher Be-
folgung rechtschaffener Grundsätze, nach aller Unterweisung, die er
erhalten hatte, nach all den Gaben und dem Wissen, die ihm zuteil
geworden waren, und all dem Einfluß, den er durch das Predigen
und Lehren des Wortes ausüben durfte, konnte Petrus noch heucheln
und aus Menschenfurcht oder um Ansehen zu gewinnen von den
Grundsätzen des Evangeliums abweichen. Ist es nicht seltsam, daß
er in seinem Vorsatz, das Rechte zu tun, wankend werden konnte?
Möge Gott jeden seine Hilflosigkeit erkennen lassen und ihm hel-
[198]