Seite 319 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Paulus als Gefangener
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ihnen liegenden freiwilligen Gaben bekräftigten das Zeugnis des
Apostels über die Treue der unter den Nichtjuden gegründeten neuen
Gemeinden. Nun sahen die Männer, die zu den Verantwortlichen
des Werkes in Jerusalem gerechnet wurden und die gefordert hatten,
den Apostel durch willkürliche Maßnahmen zu überwachen, sein
Wirken in einem neuen Licht. Sie kamen zu der Überzeugung, daß
der von ihnen eingeschlagene Weg falsch gewesen war und daß sie
an jüdische Sitten und Überlieferungen gebunden waren und dadurch
den Fortgang des Evangeliumswerkes stark behindert hatten; denn
sie hatten nicht erkannt, daß die Scheidewand zwischen Juden und
Nichtjuden durch den Tod Christi niedergerissen worden war.
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Doch nun bot sich allen leitenden Brüdern eine besonders gün-
stige Gelegenheit, ganz offen zu bekennen, daß Gott durch Paulus
gewirkt habe und sie sich durch die Berichte seiner Feinde zu Eifer-
sucht und Vorurteilen gegen ihn hatten verleiten lassen. Anstatt aber
gemeinsam dem von ihnen Geschädigten Gerechtigkeit widerfahren
zu lassen, gaben sie ihm einen Rat, der durchblicken ließ, daß sie
immer noch der Gedanke beherrschte, Paulus sei selbst schuld an
dem bestehenden Vorurteil. Statt großmütig für ihn einzutreten und
den Unzufriedenen ihr Unrecht nachzuweisen, wollten sie dadurch
einen Ausgleich herbeiführen, daß sie ihm einen Weg einzuschlagen
rieten, auf dem nach ihrer Meinung alle Mißverständnisse beseitigt
werden könnten.
„Bruder, du siehst“, erwiderten sie auf sein Zeugnis, „wieviel
tausend Juden gläubig geworden sind, und sind alle Eiferer für das
Gesetz; ihnen ist aber berichtet worden über dich, daß du alle Juden,
die unter den Heiden wohnen, lehrest von Mose abfallen und sagest,
sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden, auch nicht nach jüdischer
Weise leben. Was nun? Auf jeden Fall werden sie hören, daß du
gekommen bist. So tu nun dies, was wir dir sagen. Wir haben vier
Männer, die haben ein Gelübde auf sich; die nimm zu dir und lasse
dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, daß sie ihr
Haupt scheren können; so werden alle erkennen, daß es nicht so
sei, wie ihnen über dich berichtet ist, sondern daß du selber auch
nach dem Gesetz lebst und es hältst. Denn nur den Gläubigen aus
den Heiden haben wir geschrieben und beschlossen, daß sie sich
bewahren sollen vor dem Götzenopfer, vor Blut, vor Ersticktem und
vor Unzucht.“
Apostelgeschichte 21,20-25
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