Seite 405 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Zum Tode verurteilt
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Nicht mit Ungewißheit oder Furcht, sondern mit freudiger Hoff-
nung und sehnsüchtiger Erwartung schaute der Apostel in das wun-
derbare Jenseits. Als er an der Stätte seines Martyriums stand, sah er
weder das Schwert des Scharfrichters noch die Erde, die bald sein
Blut empfangen sollte. Durch das Blau des Himmels blickte er an
jenem Sommertag hinauf zum Thron des Ewigen.
Dieser Mann des Glaubens schaute — wie einst Jakob im Traum
— die Himmelsleiter als ein Sinnbild auf Christus, der die Erde mit
dem Himmel, den vergänglichen Menschen mit dem unvergängli-
chen Gott verbunden hat. Sein Glaube wurde gestärkt, als er sich
daran erinnerte, wie sich schon die Patriarchen und Propheten auf
den verlassen hatten, der auch seine Stütze und sein Trost war, und
für den er nun sein Leben hingab. Von diesen heiligen Männern,
die im Laufe der Jahrhunderte Zeugnis für ihren Glauben abgelegt
hatten, empfing er die Gewißheit, daß Gott treu ist. Von seinen Mit-
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aposteln, die um des Evangeliums willen vor jüdischem Fanatismus,
heidnischem Aberglauben, Verfolgung und Verachtung nicht zu-
rückgeschreckt waren und ihr Leben nicht geschont hatten, wenn
inmitten geistlicher Finsternis das Licht vom Kreuz hochgehalten
werden mußte, vernahm er das klare Zeugnis, daß Jesus Gottes Sohn
und der Welt Heiland sei. Von Folterstätten und Scheiterhaufen, aus
Kerkern, Höhlen und Klüften der Erde drang der Siegesruf der Mär-
tyrer an sein Ohr. Er hörte das Bekenntnis jener Standhaften, die,
obwohl sie verlassen, verfolgt und gepeinigt waren, dennoch furcht-
los und ernst ihren Glauben bezeugten und sprachen: „Ich weiß, an
wen ich glaube!“ Die um ihres Glaubens willen ihr Leben hingaben,
bekundeten damit vor der Welt, daß der, dem sie vertrauten, sie zu
erretten vermag.
Durch das Opfer Christi losgekauft, in seinem Blut von der Sünde
reingewaschen und mit seiner Gerechtigkeit bekleidet, trug Paulus
in sich die Gewißheit, daß er in den Augen des Erlösers kostbar war.
Sein Leben war verborgen mit Christus in Gott. Er war überzeugt,
daß der, der den Tod überwunden hat, auch bewahren wird, was ihm
anvertraut ist. Er klammerte sich an die Verheißung des Heilandes:
„Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.“
Johannes 6,40
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Seine Gedanken und seine Hoffnung waren auf die Wiederkunft
seines Herrn gerichtet. Als das Schwert des Scharfrichters fiel und
die Schatten des Todes den Märtyrer umfingen, war sein letzter