Seite 81 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Der erste christliche Märtyrer
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ankommen zu lassen, ergriffen Stephanus und brachten ihn zum
Verhör vor den Hohen Rat.
Gelehrte Juden aus den umliegenden Ländern wurden herbeige-
rufen, um die Beweisführung des Gefangenen zu widerlegen. Auch
Saulus von Tarsus war anwesend und spielte eine führende Rolle
gegen Stephanus. Er führte die Beredsamkeit und Logik eines Rab-
biners ins Feld, um das Volk davon zu überzeugen, daß Stephanus
betrügerische und gefährliche Lehren verkündigte. Aber in Stepha-
nus stieß er auf einen, der ein tiefes Verständnis für Gottes Plan
hinsichtlich der Ausbreitung des Evangeliums unter allen Völkern
besaß.
Die Priester und Obersten konnten gegenüber der klaren, be-
sonnenen Weisheit des Stephanus nicht die Oberhand gewinnen.
Deshalb faßten sie den Entschluß, an ihm ein warnendes Exempel zu
statuieren. Während sie so ihren Haß und ihre Rachsucht befriedig-
ten, wollten sie gleichzeitig andere davon abhalten, seinen Glauben
anzunehmen. Zeugen wurden gedungen, die fälschlich behaupteten,
Stephanus habe Lästerworte gegen den Tempel und das Gesetz ge-
redet: „Wir haben ihn sagen hören: Dieser Jesus von Nazareth wird
diese Stätte zerstören und ändern die Sitten, die uns Mose gegeben
hat.“
Apostelgeschichte 6,14
.
Als Stephanus Auge in Auge seinen Richtern gegenüberstand,
um sich wegen der Anklage der Lästerung zu verantworten, erleuch-
tete ein heiliger Glanz sein Angesicht. „Und sie sahen auf ihn alle,
die im Rat saßen, und sahen sein Angesicht wie eines Engels An-
gesicht.“
Apostelgeschichte 6,15
. Viele, die dieses Licht erblickten,
zitterten und verhüllten ihr Angesicht, aber der starrsinnige Unglau-
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be und das Vorurteil der Obersten wankten nicht.
Stephanus wurde nun befragt, ob die gegen ihn vorgebrachten
Anklagen der Wahrheit entsprächen. Da begann er seine Verteidi-
gung mit klarer, durchdringender Stimme, die im ganzen Gerichts-
saal zu vernehmen war. Mit Worten, die die ganze Versammlung
in Bann hielten, gab er einen Überblick über die Geschichte des
auserwählten Volkes. Er bewies eine gründliche Kenntnis des jü-
dischen Gottesdienstes und dessen geistlicher Bedeutung, wie sie
durch Christus offenbart worden war. Er wiederholte, was Mose
vom Messias geweissagt hatte: „Einen Propheten wie mich wird
dir der Herr, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern;