Seite 231 - Das Leben Jesu (1973)

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„Ist er nicht des Zimmermanns Sohn?“
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Hätte Christus die Aufmerksamkeit auf die Pharisäer gelenkt
und ihre Gelehrsamkeit und Frömmigkeit gelobt, dann würden sie
ihn mit Freuden begrüßt haben. Als er aber vom Himmelreich als
einem Reich der Gnade für alle Menschen sprach, rückte er einen
religiösen Gesichtspunkt ins Blickfeld, den sie nicht hinnehmen
wollten. Ihr Beispiel und ihre Lehre hatten nie vermocht, den Dienst
für Gott begehrenswert erscheinen zu lassen. Als sie sahen, wie
Jesus sich gerade um die bemühte, welche sie haßten und von sich
stießen, wühlte das die übelsten Leidenschaften ihrer hochmütigen
Herzen auf. Ungeachtet ihrer stolzen Erwartung, daß Israel als „der
Löwe, der da ist vom Geschlecht Juda“ (
Offenbarung 5,5
), zur Vor-
herrschaft über alle Völker erhöht werden solle, vermochten sie das
Fehlschlagen ihrer ehrgeizigen Hoffnungen leichter zu ertragen als
die Verdammung ihrer Sünden aus dem Munde Christi und den Vor-
wurf, den sie allein schon durch das Vorhandensein seiner Reinheit
auf sich ruhen fühlten.
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