Seite 308 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Als Jesus nach Kapernaum kam, wurde er von einer Abordnung
der Ältesten empfangen, die des Hauptmanns Wunsch vorbrachte
und mit den Worten befürwortete: „Er hat unser Volk lieb, und die
Synagoge hat er uns erbaut.“
Lukas 7,5
.
Jesus lenkte seine Schritte nunmehr unverzüglich nach dem Hau-
se des Hauptmanns, kam jedoch wegen der zahlreichen Menschen
auf den Straßen nur langsam vorwärts. Die Nachricht seines Kom-
mens eilte ihm voraus. Der Hauptmann in seiner Demut sandte ihm
die Botschaft entgegen: „Ach Herr, bemühe dich nicht; ich bin nicht
wert, daß du unter mein Dach gehest.“ Der Heiland aber setzte un-
beirrt seinen Weg fort. Da wagte es schließlich der Hauptmann, sich
ihm zu nähern. Er tat es mit den Worten: „Darum habe ich auch
mich selbst nicht würdig geachtet, daß ich zu dir käme; sondern
sprich ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein
Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Kriegsknechte unter mir;
und spreche ich zu einem: Gehe hin! so geht er; und zum andern:
Komm her! so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das! so tut
er‘s.“
Lukas 7,6-8
. Wie ich die Macht Roms vertrete und meine
Soldaten mich als höchste Autorität anerkennen, so vertrittst du die
Macht des ewigen Gottes, und alle Geschöpfe sind deinem Wort ge-
horsam. Du gebietest den Krankheiten zu weichen, und sie müssen
dir gehorchen; du rufst die Engel des Himmels, und sie müssen dir
heilende Kraft mitteilen. Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht
gesund.
„Da aber Jesus das hörte, verwunderte er sich über ihn und wand-
te sich um und sprach zu dem Volk, das ihm nachfolgte: Ich sage
euch: Solchen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.“
Lu-
kas 7,9
. Und zu dem Hauptmann sagte er: „Gehe hin; dir geschehe,
wie du geglaubt hast. Und sein Knecht ward gesund zu derselben
Stunde.“
Matthäus 8,13
.
Die jüdischen Ältesten, die den Hauptmann der Gunst Jesu emp-
fahlen, hatten bewiesen, wie weit sie davon entfernt waren, den Geist
des Evangeliums zu besitzen. Sie erkannten nicht, daß der einzige
Anspruch, den wir auf Gottes Gnade haben, unsere große Not ist;
in ihrer Selbstgerechtigkeit baten sie für den Hauptmann wegen der
vielen Gunsterweisungen für „unser Volk“. Der Hauptmann aber
sagte von sich selbst: „Ich bin es nicht wert.“ Sein Herz war von der
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Gnade Christi berührt worden; er sah seine Unwürdigkeit, fürchtete