Seite 359 - Das Leben Jesu (1973)

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„Gebt ihr ihnen zu essen!“
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wie der Balsam von Gilead (
Jeremia 46,11
) in die Seele flossen. Die
Heilung von Jesu göttlicher Hand brachte den Sterbenden Freude
und Leben, den Kranken Erleichterung und Gesundheit. Dieser Tag
erschien ihnen wie der Himmel auf Erden, und niemand dachte
daran, wie lange er schon nichts gegessen hatte.
Endlich neigte sich der Tag. Die Sonne sank im Westen, doch
das Volk verweilte noch. Jesus hatte den ganzen Tag gelehrt und
geheilt, ohne zu essen und zu ruhen; er sah blaß aus vor Mattigkeit
und Hunger, und die Jünger baten ihn, seine Arbeit einzustellen.
Der Heiland aber wollte sich der Menge, die ihn bedrängte, nicht
entziehen.
Schließlich nötigten ihn die Jünger, die Volksmenge um ihrer
selbst willen zu entlassen, da viele von weither gekommen waren
und seit dem Morgen nichts gegessen hatten. Sie könnten vielleicht
in den benachbarten Orten Nahrung kaufen. Jesus aber sagte: „Gebt
ihr ihnen zu essen!“
Markus 6,37
. Dann wandte er sich an Philippus
und fragte ihn: „Wo kaufen wir Brot, daß diese essen?“ Das sag-
te er nur, um den Glauben des Jüngers zu prüfen. Philippus warf
einen Blick auf die Volksmenge und hielt es für unmöglich, genü-
gend Speise für diese riesige Menschenansammlung zu besorgen.
Er antwortete daher: „Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht
genug unter sie, daß ein jeglicher ein wenig nehme.“
Johannes 6,7
.
Darauf erkundigte sich Jesus, wieviel Nahrung unter der Menge
vorhanden sei, und er erfuhr von Andreas : „Es ist ein Knabe hier,
der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so
viele?“
Johannes 6,9
. Da ließ sich der Herr die Brote und die Fische
bringen und gebot den Jüngern, das Volk sich in Gruppen zu fünfzig
und hundert Mann auf der Wiese lagern zu lassen, um der Ordnung
willen und damit alle sehen konnten, was er tun wollte. Als dies
geschehen war, nahm er die Speise, „sah auf gen Himmel und dankte
und brach‘s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben
sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt und hoben auf, was
übrigblieb von Brocken, zwölf Körbe voll“.
Matthäus 14,19.20
.
Er, der dem Volk den Weg zu Frieden und Glück zeigte, sorgte
nicht nur für ihre geistlichen, sondern auch für ihre leiblichen Be-
dürfnisse. Die Versammelten waren müde und matt geworden; unter
ihnen befanden sich auch Mütter mit Säuglingen auf dem Arm und
mit kleinen Kindern, die sich an ihren Kleidern festhielten. Viele
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