Seite 49 - Das Leben Jesu (1973)

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„Wir haben seinen Stern gesehen“
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In jener Nacht, da die Herrlichkeit Gottes die Höhen von Beth-
lehem überflutete, sahen die Weisen ein geheimnisvolles Licht am
Himmel. Als es verblaßte, erschien ein leuchtender Stern und blieb
am Himmelsgewölbe stehen. Es war weder ein Fixstern noch ein
Planet; deshalb erweckte diese Erscheinung die größte Aufmerksam-
keit. Davon, daß jener Stern eine weit entfernte Gruppe strahlender
Engel war, konnten die Weisen natürlich nichts wissen. Doch sie
gewannen den Eindruck, daß dieser Stern von besonderer Wichtig-
keit für sie sei. Sie befragten daraufhin Priester und Philosophen
und durchforschten auch selbst die alten Schriften. Dabei fanden
sie die Weissagung Bileams: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen
und ein Zepter aus Israel aufkommen.“
4.Mose 24,17
. Konnte nicht
dieser fremdartige Stern als Vorbote des Verheißenen gesandt sein?
Sie, die das Licht der Wahrheit vom Himmel schon freudig begrüßt
hatten, erhielten es nun in noch größerem Maße und wurden durch
Träume angewiesen, den neugeborenen Fürsten zu suchen.
Wie Abraham einst auf den Ruf Gottes hin gläubig auszog, ohne
zu wissen, „wo er hinkäme“ (
Hebräer 11,8
), und wie Israel gläubig
der Wolkensäule nach dem verheißenen Lande folgte, so zogen auch
diese Heiden aus, den verheißenen Heiland zu suchen. Die Länder
des Ostens waren reich an Kostbarkeiten, und so traten auch die
Magier ihre Reise nicht mit leeren Händen an. Der Sitte entspre-
chend, Fürsten oder anderen hochgestellten Persönlichkeiten zum
Zeichen der Huldigung Geschenke zu überreichen, nahmen sie die
erlesensten Erzeugnisse des Landes mit als Weihegabe an den, in
dem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollten. Um den
Stern im Auge behalten zu können, mußten die Weisen des Nachts
reisen. Die Zeit verkürzten sie sich mit einem Gedankenaustausch
über die mündlichen und schriftlichen Aussprüche der alten Prophe-
ten bezüglich des Einen, den sie suchten. Während jeder Ruhepause
durchforschten sie die Prophezeiungen, und darüber verstärkte sich
in ihnen immer mehr die Überzeugung, daß sie von oben geleitet
wurden. So gesellte sich zu dem Stern als äußerem Zeichen von
innen das Zeugnis des Heiligen Geistes, der ihre Herzen beeinflußte
und ihre Hoffnung belebte. Dadurch wurde die lange Reise für sie
zu einem frohen Erlebnis, das sie den mühsamen, langwierigen Weg
vergessen ließ.
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