Seite 616 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 68: Im Vorhof des Tempels
Auf der Grundlage von
Johannes 12,20-43
.
„Es waren aber etliche Griechen unter denen, die hinaufgekom-
men waren, daß sie anbeteten auf dem Fest. Die traten zu Philippus,
der von Bethsaida aus Galiläa war, baten ihn und sprachen: Herr, wir
wollten Jesus gerne sehen. Philippus kommt und sagt‘s Andreas, und
Philippus und Andreas sagten‘s Jesus weiter.“
Johannes 12,20-22
.
Es schien, als ob Christi Werk zu dieser Zeit eine empfindli-
che Niederlage erlitten hätte. Christus war aus dem Wortstreit mit
den Priestern und Pharisäern wohl als Sieger hervorgegangen, doch
es war offensichtlich, daß er von ihnen nie als Messias anerkannt
würde. Die Trennung war endgültig; den Jüngern schien die Lage
hoffnungslos. Jesus aber näherte sich der Vollendung seines Wer-
kes. Das große Ereignis, das nicht nur das jüdische Volk, sondern
die ganze Welt betraf, stand nahe bevor. Als der Heiland die eifrig
vorgetragene Bitte: „Wir wollten Jesus gerne sehen“ vernahm und in
ihr das sehnsüchtige Verlangen der ganzen Welt ausgedrückt fand,
erhellte sich sein Angesicht, und er sagte: „Die Zeit ist gekommen,
daß des Menschen Sohn verherrlicht werde.“
Johannes 12,23
. In
dem Verlangen der Griechen erkannte er einen ersten Hinweis auf
die außerordentliche Wirkung seines großen Opfers.
Wie einst die Weisen aus dem Morgenland am Anfang seines
irdischen Lebens zu Christus gekommen waren, so kamen jetzt am
Ende seines Lebens die Männer aus dem Westen. Zur Zeit der Ge-
burt Christi waren die Juden so sehr von ihren ehrgeizigen Plänen
erfüllt, daß sie nichts von seiner Ankunft wußten. Die Weisen aus
einem heidnischen Lande mußten mit ihren Geschenken zur Krippe
kommen, um den Heiland anzubeten. Ebenso kamen jetzt die Grie-
chen als Vertreter der Völker der Welt, um Jesus zu sehen. Auf die
gleiche Weise würden die Menschen aller Länder und aller Zeiten
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durch das Kreuz Christi angezogen werden. „Viele werden kommen
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