Seite 709 - Das Leben Jesu (1973)

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Jesus vor Hannas und Kaiphas
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römischen Offiziere erklärten, die Juden hätten mit der Verurteilung
Jesu nicht nur gegen die römische Macht verstoßen, sondern auch
gegen das jüdische Gesetz, das eindeutig verbiete, einen Menschen
auf Grund seiner eigenen Aussage zum Tode zu verurteilen. Dieser
Einwand ließ die Verhandlungen vorübergehend ins Stocken geraten,
doch die jüdischen Obersten fühlten weder Schande noch Scham.
Priester und Oberste vergaßen die Würde ihres Amtes und belei-
digten den Sohn Gottes durch gemeine Redensarten. Sie verhöhnten
ihn wegen seiner Geburt, und sie erklärten, daß seine Anmaßung,
sich selbst als Messias auszugeben, den schimpflichsten Tod ver-
dient hätte. Die wüstesten Gesellen waren dabei, den Heiland auf
infame Weise zu mißhandeln. Ein altes Gewand wurde über seinen
Kopf geworfen, und seine Verfolger schlugen ihn ins Gesicht und
riefen dabei: „Weissage uns, Christe, wer ist‘s der dich schlug?“
Matthäus 26,68
. Als ihm das Tuch wieder abgenommen wurde, spie
ein heruntergekommener Bösewicht dem Herrn ins Angesicht.
Die Engel Gottes verzeichneten gewissenhaft jeden beleidigen-
den Blick, jedes Wort und jede Tat, die gegen ihren Herrn gerich-
tet waren. Einst werden alle, die das stille, bleiche Antlitz Christi
verhöhnten und besudelten, dieses Antlitz in einer Herrlichkeit er-
blicken, die glanzvoller leuchtet als die Sonne.
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