Seite 818 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
hen und gehört hatten, und legten die Schrift aus, so wie es Jesus
bei ihnen getan hatte. Thomas sprach von seinem Unglauben und
erzählte, wie seine Zweifel hinweggefegt worden waren. Plötzlich
stand Jesus mitten unter ihnen. Niemand konnte sagen, woher oder
wie er zu ihnen gekommen war. Viele der Anwesenden hatten ihn
nie zuvor gesehen; aber an seinen Händen und Füßen sahen sie die
Nägelmale der Kreuzigung. Sein Angesicht erschien wie das Antlitz
Gottes, und als sie ihn erblickten, beteten sie ihn an.
Einige aber zweifelten. So wird es immer sein. Es sind jene,
denen es schwerfällt, Glauben zu üben; deshalb begeben sie sich auf
die Seite der Zweifelnden. Sie verlieren viel wegen ihres Unglau-
bens.
Das war die einzige Begegnung, die Jesus mit zahlreichen Gläu-
bigen nach seiner Auferstehung hatte. Er trat zu ihnen und sagte:
„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“
Matthäus
28,18
. Die Jünger hatten ihn schon angebetet, bevor er zu ihnen
sprach, doch diese Worte kamen aus einem Munde, der im Tode
verschlossen gewesen war, und das berührte die Anwesenden mit
besonderer Kraft. Er war in der Tat der auferstandene Heiland. Vie-
le von ihnen hatten beobachtet, wie er seine Macht anwandte, um
Kranke zu heilen und satanische Gewalten unter seine Herrschaft
zu bringen. Sie glaubten, daß es in seiner Macht läge, sein Reich in
Jerusalem zu errichten, allen Widerstand zu brechen und die Kräfte
der Natur zu beherrschen. Er hatte das zornige Meer beruhigt, war
auf weißschäumenden Wellen gegangen, hatte Tote zum Leben er-
weckt. Nun erklärte er, daß ihm „alle Gewalt“ gegeben sei. Seine
Worte trugen die Gedanken der Zuhörer über irdische und zeitliche
Belange hinaus bis zu himmlischen und ewigen Dingen. Sie erhiel-
ten eine außerordentliche Vorstellung von seiner Würde und seiner
Herrlichkeit.
Christi Worte am Bergeshang gaben zu erkennen, daß sein für
den Menschen gebrachtes Opfer vollständig und abgeschlossen war.
Die Bedingungen zur Versöhnung waren erfüllt worden; die Aufga-
be, derentwillen er in diese Welt gekommen war, hatte er vollendet.
Nun war er auf dem Wege zum Throne Gottes, um von Engeln, Für-
stentümern und Gewalten geehrt zu werden. Er hatte sein Mittleramt
angetreten. Ausgestattet mit unbeschränkter Autorität, erteilte er den
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Jüngern seinen Auftrag: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern