Seite 120 - Der gro

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Der große Kampf
Hus‘ Mörder sahen dem Sieg seiner Sache keineswegs tatenlos
zu. Papst und Kaiser vereinigten sich, um der Bewegung ein Ende
zu machen, und Sigismunds Heere stürzten sich auf Böhmen.
Aber es erstand Böhmen ein Befreier. Ziska, der bald nach Be-
ginn des Krieges völlig sein Augenlicht verlor, aber dennoch einer
der tüchtigsten Feldherrn seines Zeitalters war, führte die Böhmen.
Auf die Hilfe Gottes und die Gerechtigkeit seiner Sache vertrauend,
widerstand dies Volk den mächtigsten Heeren, die ihm gegenüberge-
stellt werden konnten. Wiederholt hob der Kaiser neue Armeen aus
und drang in Böhmen ein, um erneut schimpflich zurückgeschlagen
zu werden. Die Hussiten waren über die Todesfurcht erhaben, und
nichts konnte ihnen standhalten. Wenige Jahre nach Kriegsbeginn
starb der tapfere Ziska; seine Stelle füllte Prokop der Große aus, ein
ebenso mutiger und geschickter Feldherr, ja in mancher Beziehung
ein noch fähigerer Anführer.
Als der blinde Krieger tot war, betrachteten die Feinde der Böh-
men die Gelegenheit für günstig, alles, was sie verloren hatten, wie-
derzugewinnen. Der Papst kündigte einen Kreuzzug gegen die Hussi-
ten an; wiederum warf sich eine ungeheure Streitmacht auf Böhmen,
und abermals wurde sie vernichtend geschlagen. Ein neuer Keuzzug
wurde angekündigt. In allen katholischen Ländern Europas wur-
den Männer zusammengerufen, Geld und Waffen gesammelt. Große
Scharen strömten unter der päpstlichen Fahne zusammen im Ver-
trauen darauf, daß den hussitischen Ketzern schließlich ein Ende
gemacht werde. Siegesgewiß drang das riesige Heer in Böhmen ein.
Das Volk sammelte sich, um es zurückzuschlagen. Die beiden Heere
marschierten aufeinander zu, bis nur noch ein Fluß zwischen ihnen
lag. Die Kreuzfahrer waren an Zahl weit überlegen; doch anstatt
kühn über den Fluß zu setzen und die Hussiten anzugreifen, wozu
sie doch von so weit her gekommen waren, standen sie schweigend
und blickten auf die Krieger. Die Scharen des Kaisers überkam
plötzlich ein seltsamer Schrecken. Fast ohne Schwertstreich wich
das kaiserliche Heer vor den anmarschierenden Hussiten zurück,
löste sich schließlich auf und zerstreute sich, von der furchtgebie-
tenden Streitmacht der Hussiten verjagt. Sehr viele wurden von dem
hussitischen Heer, das die Flüchtlinge verfolgte, erschlagen, und
ungeheure Beute fiel in die Hände der Sieger, so daß der Krieg, statt
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