Seite 142 - Der gro

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Der große Kampf
eingebildet, anmaßend, hochmütig und unverständig, ohne auch nur
einen einzigen Beweis aus der Heiligen Schrift, laut schreiend: Wi-
derrufe oder du wirst nach Rom geschickt werden, um dort die
verdiente Strafe zu erleiden!
Das Sicherheitsgeleit Luthers nicht achten wollend, planten die
Römlinge, ihn zu ergreifen und einzukerkern. Seine Freunde ba-
ten ihn dringend, da es für ihn nutzlos sei, seinen Aufenthalt zu
verlängern, ohne Aufschub nach Wittenberg zurückzukehren, dabei
aber äußerst vorsichtig zu Werke zu gehen, um seine Absichten zu
verbergen. Demgemäß verließ er Augsburg vor Tagesanbruch zu
Pferde, nur von einem Führer geleitet, der ihm vom Stadtoberhaupt
zur Verfügung gestellt wurde. Unter trüben Ahnungen nahm er heim-
lich seinen Weg durch die dunklen, stillen Straßen der Stadt, sannen
doch wachsame und grausame Feinde auf seinen Untergang! Würde
er den ausgelegten Schlingen entrinnen? Dies waren Augenblicke
der Besorgnis und ernsten Gebets. Er erreichte ein kleines Tor in
der Stadtmauer. Man öffnete ihm, und ohne gehindert zu werden,
zog er mit seinem Führer hinaus. Sich außerhalb des Stadtbezirks
sicherer fühlend, beschleunigten die Flüchtlinge ihren Ritt, und ehe
noch der Legat von Luthers Abreise Kenntnis erhielt, befand die-
ser sich außerhalb des Bereiches seiner Verfolger. Satan und seine
Abgesandten waren überlistet. Der Mann, den sie in ihrer Gewalt
glaubten, war entkommen wie der Vogel den Schlingen des Voglers.
Die Nachricht von Luthers Flucht überraschte und ärgerte den
Legaten. Er hatte erwartet, für die Klugheit und Entschiedenheit
bei seinen Verhandlungen mit diesem Unruhestifter in der Kirche
große Ehren zu empfangen, fand sich jedoch in seiner Hoffnung
getäuscht. Er gab seinem Zorn in einem Brief an den Kurfürsten von
Sachsen, Friedrich den Weisen, Ausdruck, in dem er Luther bitter
anschuldigte und verlangte, Friedrich solle den Reformator nach
Rom senden oder aus Sachsen verbannen.
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Zu seiner Rechtfertigung verlangte Luther, daß der Legat oder
der Papst ihn seiner Irrtümer aus der Heiligen Schrift überführen
solle, und verpflichtete sich feierlichst, seine Lehren zu widerrufen,
falls nachgewiesen werden könne, daß sie dem Worte Gottes wider-
sprächen. Er dankte Gott, daß er für würdig erachtet worden sei, um
einer so heiligen Sache willen zu leiden.