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Der große Kampf
Ist es doch nicht mein, sondern deine Sache. Habe ich doch für
meine Person hier nichts zu schaffen und mit diesen großen Herrn
der Welt zu tun ... Aber dein ist die Sache, Herr, die gerecht und
ewig ist. Stehe mir bei, du treuer, ewiger Gott! ich verlasse mich
auf keinen Menschen. Es ist umsonst und vergebens, es hinket alles,
was fleischlich ist ... Hast du mich dazu erwählet? Ich frage dich;
wie ich es denn gewiß weiß; ei, so walt es Gott ... Steh mir bei in
dem Namen deines lieben Sohnes Jesus Christi, der mein Schutz
und Schirm sein soll, ja meine feste Burg.
Eine allweise Vorsehung hatte Luther seine Gefahr erkennen las-
sen, damit er weder auf seine eigene Kraft baute noch sich vermessen
in Gefahr stürzte. Es war jedoch nicht die Furcht zu leiden, nicht die
Angst vor der ihm scheinbar unmittelbar bevorstehenden Qual oder
vor dem Tod, die ihn mit ihrem Schrecken überwältigte; er hatte
einen entscheidenden Zeitpunkt erreicht und fühlte seine Untüchtig-
keit, in ihm zu bestehen. Er könnte der Sache der Wahrheit infolge
seiner Schwäche schaden. Er rang mit Gott, nicht um seiner eigenen
Sicherheit, sondern um des Sieges des Evangeliums willen. Die
Angst und das Ringen seiner Seele glich jenem nächtlichen Kampf
Jakobs am einsamen Bach; wie jener trug auch er den Sieg davon.
In seiner gänzlichen Hilflosigkeit klammerte sich sein Glaube an
Christus, den mächtigen Befreier. Er wurde durch die Versicherung
gestärkt, daß er nicht allein vor dem Reichstag erscheinen sollte;
Friede zog wiederum in seine Seele ein, und er freute sich, daß es
ihm vergönnt war, das heilige Wort Gottes vor den Herrschern des
Volkes emporzuhalten.
Mit festem Gottvertrauen bereitete sich Luther auf den ihm be-
vorstehenden Kampf vor. Er plante seine Antwort, prüfte etliche
Stellen seiner eigenen Schriften und suchte in der Bibel passende
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Belege, um seine Behauptungen zu stützen. Dann gelobte er, seine
Linke auf das offen vor ihm liegende Buch legend und seine Rechte
zum Himmel erhebend, „dem Evangelium treu zu bleiben und sei-
nen Glauben frei zu bekennen, sollte er ihn auch mit seinem Blute
besiegeln.
1
Luther, EA, LXIV 289f
.
1
D‘Aubigné, ebd., 7.Buch, 8