Seite 171 - Der gro

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Luther vor dem Reichstag
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solche, die seine Lehren nicht glaubten, mußten doch jene stolze
Größe bewundern, die ihn antrieb, eher in den Tod zu gehen als sein
Gewissen zu verletzen.
Weitere ernstliche Anstrengungen wurden unternommen, um
Luther zu einem Ausgleich mit Rom zu bewegen. Besondere klei-
ne Ausschüsse, aus Fürsten, Prälaten und Gelehrten bestehend, be-
mühten sich weiter um ihn, und sein Geleitsbrief wurde gegen den
Wunsch des Legaten um fünf Tage verlängert. Fürsten und Adlige
stellten ihm vor Augen, der Kaiser würde ihn aus dem Reich ver-
treiben und ihm in ganz Deutschland keine Zuflucht lassen, wenn er
hartnäckig sein eigenes Urteil gegen das der Kirche und Konzilien
aufrechterhielte. Luther antwortete auf diese ernste Vorstellung: „Ich
weigere mich nicht, Leib, Leben und Blut dahinzugeben, nur will
ich nicht gezwungen werden, Gottes Wort zu widerrufen, in dessen
Verteidigung man Gott mehr als den Menschen gehorchen muß.
Auch kann ich nicht das Ärgernis des Glaubens verhüten, sintemal
Christus ein Stein des Ärgernisses ist.
Erneut drang man in ihn, seine Bücher dem Urteil des Kaisers
und des Reiches furchtlos zu unterwerfen. Luther erwiderte: „Ich ha-
be nichts dawider, daß der Kaiser oder die Fürsten oder der geringste
Christ meine Bücher prüfen, aber nur nach dem Worte Gottes. Die
Menschen müssen diesem allein gehorchen. Mein Gewissen ist in
Gottes Wort und Heiliger Schrift gebunden.
Auf einen andern Überredungsversuch gab er zur Antwort: „Ich
will eher das Geleit aufgeben, meine Person und mein Leben dem
Kaiser preisgeben, aber niemals Gottes Wort.“ Er erklärte seine
Bereitschaft, sich dem Entscheid eines allgemeinen Konzils zu un-
terwerfen, aber nur unter der Bedingung, daß es nach der Schrift
entscheide. „Was das Wort Gottes und den Glauben anbelangt“,
fügte er hinzu, „so kann jeder Christ ebensogut urteilen wie der
Papst es für ihn tun könnte, sollten ihn auch eine Million Konzilien
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unterstützen.
Freunde und Gegner waren schließlich überzeugt,
daß weitere Versöhnungsversuche nutzlos seien.
Hätte der Reformator nur in einem einzigen Punkt nachgegeben,
so würden die Mächte der Finsternis den Sieg davongetragen haben.
1
Luther, EA, op. lat. XXXVII, 18
1
D‘Aubigné, ebd., 7.Buch, 7.Abschnitt, 221,224
1
Luthers Werke, Bd. II, 107, Hallenser Ausgabe