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Die Bibel und die Französische Revolution
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und Bildung, Künste, Gewerbefleiß und Ordnungsliebe, in denen
sie sich in der Regel auszeichneten, mit sich nahmen und damit das
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Land, das ihnen Zuflucht bot, bereicherten. Im gleichen Verhält-
nis, wie andere Länder mit diesen guten Gaben beglückt wurden,
verarmte ihr eigenes Land. Wären alle, die vertrieben wurden, in
Frankreich geblieben, hätte die Geschicklichkeit dieser Verbannten
in ihren Gewerben während der dreihundert Jahre auf heimatlicher
Scholle befruchtend wirken können, wären in dieser langen Zeit
ihre künstlerischen Anlagen dem heimatlichen Gewerbefleiß zugute
gekommen, hätte ihr schöpferischer Geist und forschender Verstand
die Literatur des Landes befruchtet und seine Wissenschaften ge-
pflegt, hätte ihre Weisheit seine Beratungen geleitet, ihre Tapferkeit
seine Schlachten geschlagen, ihre Unparteilichkeit seine Gesetze
aufgestellt, hätte die Religion der Bibel den Geist des Volkes ge-
stärkt und dessen Gewissen beherrscht — welche Herrlichkeit würde
Frankreich an dem Tage umgeben haben! Welch großes, blühendes
und glückliches Land — den Nationen ein Vorbild — würde es
gewesen sein!
Aber eine blinde und unerbittliche Frömmelei jagte von seinem
Boden jeden Lehrer der Tugend, jeden Streiter für Ordnung, jeden
ehrlichen Verteidiger des Thrones; sie sagte zu den Menschen, die
ihr Land zu einem Ruhm und zu einer Herrlichkeit auf Erden ge-
macht haben würden: Wählet, was ihr haben wollt, den Marterpfahl
oder die Verbannung! Schließlich war das Verderben des Staates
vollständig. Es blieb kein Gewissen mehr, das man ächten, keine Re-
ligion, die man auf den Scheiterhaufen schleppen, kein Patriotismus,
den man in die Verbannung jagen konnte.“ Die Revolution mit all
ihren Schrecken war die entsetzliche Folge. (Siehe Anm. 037)
„Mit der Flucht der Hugenotten geriet Frankreich in allgemeinen
Verfall. Blühende Fabrikstädte gingen zugrunde, fruchtbare Strecken
verfielen in ihre ursprüngliche Wildnis, geistiger Stumpfsinn und
sittlicher Verfall folgten einer Zeit ungewöhnlichen Fortschritts. Pa-
ris wurde ein ungeheures Armenhaus; man sagt, daß beim Ausbruch
der Revolution 200.000 Arme um Unterstützung von der Hand des
Königs nachsuchten. Nur der Jesuitenorden blühte in der verfallenen