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Der große Kampf
der Altar ... Die Einführung einer neuen Religion bringt notwendi-
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gerweise die einer neuen Regierung mit sich.
Theologen machten
sich das Vorurteil des Volkes zunutze, indem sie erklärten, daß die
protestantische Lehre „die Leute zu Neuerungen und Torheiten ver-
locke, dem Könige die aufopfernde Liebe seiner Untertanen raube
und Kirche und Staat verheere“. So gelang es Rom, Frankreich dahin
zu bringen, daß es sich gegen die Reformation erhob. „Zur Erhaltung
des Thrones, zur Bewahrung des Adels und zur Aufrechterhaltung
der Gesetze wurde das Schwert der Verfolgung in Frankreich zuerst
gezogen.
Die Herrscher jenes Landes waren weit davon entfernt, die Fol-
gen dieser verhängnisvollen Politik vorauszusehen. Die Lehren der
Heiligen Schrift hätten in die Gemüter und Herzen des Volkes jene
Grundsätze der Gerechtigkeit, Mäßigkeit, Wahrheit, Gleichheit und
Wohltätigkeit eingepflanzt, die die eigentliche Grundlage zu seiner
Wohlfahrt sind. „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk“; „durch Gerechtig-
keit wird der Thron befestigt.“
Sprüche 14,34
;
Sprüche 16,12
. „Und
der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein“, ja „ewige Stille und Si-
cherheit“.
Jesaja 32,17
. Wer das göttliche Gesetz hält, wird auch aufs
getreueste die Gesetze seines Landes achten und ihnen gehorchen.
Wer Gott fürchtet, wird den König in der Ausübung aller gerechten
und gesetzlichen Macht ehren. Aber das unglückliche Frankreich
verbot die Heilige Schrift und verbannte deren Anhänger. Ein Jahr-
hundert nach dem andern mußten aufrichtige, unbescholtene Männer
— Männer mit guten Grundsätzen, von geistigem Scharfblick und
sittlicher Kraft, die den Mut hatten, ihrer Überzeugung treu zu blei-
ben, und den Glauben besaßen, für die Wahrheit leiden zu können
— als Sklaven auf den Galeeren arbeiten, auf den Scheiterhaufen
zugrunde gehen, in dumpfen Kerkerzellen vermodern, während sich
Tausende und aber Tausende nur durch die Flucht den Verfolgungen
entziehen konnten; und dies dauerte noch zweihundertfünfzig Jahre
nach Beginn der Reformation fort.
„Während jener langen Zeitspanne gab es unter den Franzosen
wohl kaum ein Geschlecht, das nicht Zeuge gewesen wäre, wie Jün-
ger des Evangeliums vor der wahnsinnigen Wut der Verfolger flohen
1
D‘Aubigné, „Geschichte der Reformation zu den Zeiten Calvins“, 2.Buch, Kapitel
36
1
Wylie, 13.Buch, Kapitel 4