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Der große Kampf
„Das Land war beinahe bankrott, die Truppen schrien nach ihrem
rückständigen Sold, die Pariser waren am Verhungern, die Provinzen
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wurden von Räubern verwüstet und die Zivilisation ging beinahe
unter im Aufruhr und in der Zügellosigkeit.“
Nur zu genau hatte das Volk die Lehren der Grausamkeit und
der Folter gelernt, die Rom mit solchem Fleiß erteilt hatte. Jetzt
war der Tag der Vergeltung gekommen. Aber es waren nicht mehr
die Jünger Jesu, die in Kerker geworfen und auf Scheiterhaufen ge-
schleppt wurden; denn diese waren längst umgekommen oder aus
ihrer Heimat vertrieben worden. Das unbarmherzige Rom selbst
fühlte die tödliche Macht derer, die es ausgebildet hatte, sich an
Bluttaten zu vergnügen. „Das Beispiel der Verfolgung, das die fran-
zösische Geistlichkeit so lange gegeben hatte, wurde ihr nun mit
großem Nachdruck vergolten. Die Schafotte färbten sich rot von
dem Blut der Priester. Die Galeeren und Gefängnisse, die einst Hu-
genotten bargen, wurden jetzt mit deren Verfolgern angefüllt. An
die Ruderbank gekettet und mühsam am Riemen ziehend, machte
die katholische Geistlichkeit alle Qualen durch, die sie so reichlich
über die friedliebenden Ketzer gebracht hatte.“ (Siehe Anm. 039)
„Dann kamen jene Tage, als die grausamsten aller Gesetze von
dem unmenschlichsten aller Gerichtshöfe gehandhabt wurden, als
niemand seinen Nachbar grüßen oder sein Gebet verrichten konnte
..., ohne Gefahr zu laufen, ein Kapitalverbrechen zu begehen, als
in jedem Winkel Spione lauerten, als allmorgendlich die Guillotine
lange und schwer arbeitete, die Gefängnisse so gedrängt voll waren
wie die Räume eines Sklavenschiffes, in den Straßenrinnen das Blut
schäumend der Seine zueilte ... Während täglich Wagenladungen
mit Opfern durch die Straßen von Paris ihrem Schicksal entgegenge-
fahren wurden, schwelgten die Kommissare, die der Konvent in die
Provinzen gesandt hatte, in übermäßiger Grausamkeit, wie man sie
selbst in der Hauptstadt nicht kannte. Das Messer der Todesmaschine
stieg und fiel zu langsam für das Werk der Metzelei. Lange Reihen
von Gefangenen mähte man mit Kartätschen nieder. Besetzte Boote
wurden angebohrt. Lyon wurde zur Wüste. In Arras blieb den Ge-
fangenen selbst die grausame Barmherzigkeit eines schnellen Todes
versagt. Die ganze Loire hinab, von Saumur bis zum Meer, fraßen
Scharen von Krähen und Weihen (habichtartige Falken) an den nack-
ten Leichnamen, die in abscheulichen Umarmungen miteinander