Seite 31 - Der gro

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Die Zerstörung Jerusalems
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Wolke der Herrlichkeit erfüllte nicht das neuerrichtete Heiligtum;
kein Feuer fiel vom Himmel hernieder, um das Opfer auf dem Altar
zu verzehren. Die Herrlichkeit Gottes thronte nicht mehr zwischen
den Cherubim im Allerheiligsten; die Bundeslade, der Gnadenstuhl
und die Gesetzestafeln wurden nicht darin gefunden. Keine Stimme
erscholl vom Himmel, um dem fragenden Priester den Willen des
Höchsten kundzutun.
Jahrhundertelang versuchten die Juden vergebens zu zeigen,
inwiefern jene durch Haggai ausgesprochene Verheißung Gottes
erfüllt worden war. Stolz und Unglauben verblendeten jedoch ihren
Geist, so daß sie die wahre Bedeutung der Worte des Propheten nicht
verstehen konnten. Der zweite Tempel wurde nicht durch die Wolke
der Herrlichkeit des Herrn geehrt, sondern durch die lebendige Ge-
genwart des Einen, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte
— der selbst Gott war, offenbart im Fleisch. Als der Mann von Na-
zareth in den heiligen Vorhöfen lehrte und heilte, war er tatsächlich
als „aller Heiden Bestes“ zu seinem Tempel gekommen. Durch die
Gegenwart Christi, und nur dadurch, übertraf der zweite Tempel die
Herrlichkeit des ersten. Aber Israel stieß die angebotene Gabe des
Himmels von sich. Mit dem demütigen Lehrer, der an jenem Tage
durch das goldene Tor hinausging, wich die Herrlichkeit für immer
vom Tempel, und damit waren die Worte des Heilandes schon erfüllt:
„Siehe euer Haus soll euch wüst gelassen werden.“
Matthäus 23,38
.
Die Jünger waren bei Jesu Prophezeiung von der Zerstörung des
Tempels mit Scheu und Staunen erfüllt worden, und sie wünschten,
daß er ihnen die Bedeutung seiner Worte erläuterte. Reichtum, Ar-
beit und Baukunst waren über 40 Jahre lang in freigebiger Weise
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zur Verherrlichung des Tempels eingesetzt worden. Herodes der
Große hatte dafür sowohl römischen Reichtum als auch jüdische
Schätze dafür aufgewandt, und sogar der römische Kaiser hatte ihn
mit seinen Geschenken bereichert. Massive Blöcke weißen Marmors
von geradezu unwahrscheinlicher Größe, zu diesem Zweck aus Rom
herbeigeschafft, bildeten einen Teil seines Baues; und darauf lenk-
ten die Jünger die Aufmerksamkeit ihres Meisters, als sie sagten:
„Meister, siehe, welche Steine und welch ein Bau ist das!“
Markus
13,1
.