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Der große Kampf
Absichten voll unendlicher Barmherzigkeit gingen gerade durch
die Enttäuschung der Jünger in Erfüllung. Während ihre Herzen
von der göttlichen Anmut und von der Macht der Lehre dessen, der
da redete, wie noch nie ein Mensch geredet (
Johannes 7,46
) hatte,
gewonnen worden waren, zeigte es sich, daß mit dem reinen Gold
ihrer Liebe zu Jesus doch noch die wertlose Schlacke weltlichen
Stolzes und selbstsüchtigen Ehrgeizes vermengt war. Noch im obe-
ren Saal, wo alles für das Essen des Passahlammes vorbereitet stand,
in jener feierlichen Stunde, da der Meister schon in den Schatten
Gethsemanes trat, „erhob sich ... ein Zank unter ihnen, welcher unter
ihnen sollte für den Größten gehalten werden“.
Lukas 22,24
. Ih-
nen schwebte das Bild des Thrones, der Krone und der Herrlichkeit
vor Augen, während doch die Schmach und Seelenangst im Gar-
ten Gethsemane, das Richthaus und das Kreuz auf Golgatha vor
ihnen lagen. Der Stolz ihres Herzens, ihr Verlangen nach weltli-
chem Ruhm verleitete sie, hartnäckig an den falschen Lehren ihrer
Zeit festzuhalten und die Worte des Heilandes, welche die wahre
Beschaffenheit seines Reiches beschrieben und auf seine Leiden
und seinen Tod hinwiesen, unbeachtet zu lassen. Und diese Irrtümer
führten zu der schweren aber notwendigen Prüfung, die zu ihrer
Besserung zugelassen wurde. Obgleich die Jünger den Sinn ihrer
Botschaft verkehrt aufgefaßt hatten und sie ihre Erwartungen nicht
verwirklicht sahen, so hatten sie doch die ihnen von Gott aufgetrage-
ne Warnung verkündigt, und der Herr wollte ihren Glauben belohnen
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und ihren Gehorsam ehren. Ihnen sollte das Werk anvertraut werden,
das herrliche Evangelium von ihrem auferstandenen Herrn unter
allen Völkern zu verbreiten. Um sie darauf vorzubereiten, mußten
sie durch die ihnen so bitter erscheinende Erfahrung hindurchgehen.
Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern auf dem
Wege nach Emmaus und „fing an von Mose und allen Propheten
und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren“.
Lukas
24,27
. Die Herzen der Jünger wurden bewegt. Ihr Glaube entbrann-
te. Sie wurden „wiedergeboren ... zu einer lebendigen Hoffnung“
(
1.Petrus 1,3
), noch ehe sich Jesus ihnen zu erkennen gab. Es lag
in seiner Absicht, ihren Verstand zu erleuchten und ihren Glauben
auf das feste prophetische Wort zu gründen. Er wünschte, daß die
Wahrheit in ihren Herzen fest Wurzel faßte, nicht nur weil sie von
seinem persönlichen Zeugnis unterstützt war, sondern auch um des