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Die trübselige Zeit
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hängt sich an ihn und fleht um seinen Segen. Der Engel drängt: „Laß
mich gehen; denn die Morgenröte bricht an.“ Aber der Patriarch ruft
aus: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Welches Vertrauen,
welche Entschiedenheit, welche Ausdauer werden hier an den Tag
gelegt! Wäre dies eine prahlerische, anmaßende Forderung gewesen,
Jakob würde sofort vernichtet worden sein; aber er sprach mit der
Zuversicht, die der besitzt, der seine Schwachheit und Unwürdigkeit
kennt und doch auf die Gnade eines wahrhaftigen Gottes vertraut.
„Er kämpfte mit dem Engel und siegte.“
Hosea 12,5
. Durch
Demut, Reue und Selbstübergabe errang dieser sündhafte, irrende
Sterbliche die Anerkennung der Majestät des Himmels. Zitternd
hatte er sich an die Verheißungen Gottes geklammert, und das Herz
der unendlichen Liebe konnte die Bitte des Sünders nicht abwei-
sen. Als Beweis für seinen Sieg und zur Ermutigung für andere,
seinem Beispiel zu folgen, wurde sein Name, der an die Sünde er-
innerte, geändert, um das Gedächtnis seines Sieges wachzuhalten.
Die Tatsache, daß er mit Gott gerungen und gesiegt hatte, war eine
Bürgschaft, daß er auch bei den Menschen den Sieg davontragen
würde. Er fürchtete den Zorn seines Bruders nicht länger, denn der
Herr war sein Schutz.
Satan hatte Jakob vor den Engeln Gottes verklagt und das Recht
beansprucht, ihn wegen seiner Sünde zu vernichten. Er hatte Esau
beeinflußt, gegen Jakob zuziehen; und während dieser die ganze
Nacht hindurch rang, bemühte sich Satan, ihm das Gefühl seiner
Schuld aufzudrängen, um ihn zu entmutigen und seinen Halt an Gott
zu brechen. Jakob wurde beinahe zur Verzweiflung getrieben; aber
er wußte, daß er ohne Hilfe vom Himmel umkommen müßte. Er
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hat seine große Sünde aufrichtig bereut und berief sich nun auf die
Gnade Gottes. Er wollte sich von seinem Ziel nicht abbringen lasen,
sondern hielt den Engel fest und brachte seine Bitte mit ernstem,
flehentlichem Schreien vor, bis er dessen Anerkennung errang.
Wie Satan Esau beeinflußte, gegen Jakob zu ziehen, so wird er in
der trübseligen Zeit die Bösen aufwiegeln, Gottes Kinder umzubrin-
gen. Wie er Jakob anklagte, so wird er seine Anklagen auch gegen
Gottes Volk vorbringen. Er zählt die Welt zu seinem Herrschaftsge-
biet, aber die kleine Schar, die die Gebote Gottes hält, widersteht
seiner Oberherrschaft. Könnte er diese von der Erde vertilgen, so
würde sein Sieg vollkommen sein. Er sieht, daß heilige Engel sie be-