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John Wiklif
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verweigern. Auf diese Weise wurde ein kräftiger Schlag gegen die
päpstliche Oberherrschaft in England geführt.
Ein anderes Übel, gegen das der Reformator einen langen und
entschlossenen Kampf führte, war der Orden der Bettelmönche. Die-
se Mönche schwärmten in England umher und übten einen Einfluß
aus, der sich auf die Größe und Wohlfahrt der Nation schädlich
auswirkte und vor allem Wirtschaft, Wissenschaft und Volksmoral
lähmte. Das träge Bettlerleben der Mönche stellte nicht nur schwere
Anforderungen an die Mittel des Volkes, sondern machte nützli-
che Arbeit verächtlich. Die Jugend wurde entsittlicht und verderbt.
Durch den Einfluß der Mönche ließen sich viele zum Mönchsleben
verleiten und traten nicht nur ohne Einwilligung, sondern sogar ohne
das Wissen ihrer Eltern und entgegen ihren Anordnungen ins Kloster
ein. Einer der ersten Väter der römischen Kirche, der die Ansprüche
des Mönchtums den Verpflichtungen der kindlichen Liebe und des
Gehorsams gegenüber als erhaben hinstellte, hatte behauptet: „Sollte
auch dein Vater weinend und jammernd vor deiner Tür liegen und
deine Mutter dir den Leib zeigen, der dich getragen, und die Brüste,
die dich gesäugt, so siehe zu, daß du sie mit Füßen trittst und dich
unverwandt zu Christus begibst.“ Durch dies „greulich ungeheuer
Ding“, wie Luther es später kennzeichnete, das mehr an einen Wolf
und Tyrannen als einen Christen und Mann erinnert, wurden die
Herzen der Kinder gegen ihre Eltern verhärtet
So haben die päpst-
lichen Führer wie einst die Pharisäer die Gebote Gottes um ihrer
Satzungen willen aufgehoben; die Heime verödeten, und die Eltern
mußten die Gesellschaft ihrer Söhne und Töchter entbehren.
Selbst die Studenten auf den Universitäten wurden durch die
falschen Vorspiegelungen der Mönche verlockt und dazu bewogen,
deren Orden beizutreten. Viele bereuten später diesen Schritt und
sahen ein, daß sie ihr Lebensglück zerstört und ihren Eltern Kummer
bereitet hatten; aber saßen sie einmal in dieser Schlinge gefangen,
war es ihnen unmöglich, ihre Freiheit wiederzugewinnen. Viele
Eltern lehnten es aus Furcht vor dem Einfluß der Mönche ab, ihre
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Söhne auf die Universitäten zu schicken. Dies hatte eine erhebliche
Abnahme der Zahl der Studierenden in den großen Bildungszentren
zur Folge. Die Schulen lagen danieder; Unwissenheit herrschte vor.
1
Luthers Werke, Erlanger Ausgabe, XXV, 337 [396]; Op. lat. X, 269.