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Der große Kampf
Der Papst hatte jenen Mönchen das Recht übertragen, Beichten
abzunehmen und Vergebung zu erteilen. Dies wurde zu einer Quelle
großen Übels. Entschlossen, ihre Einkünfte zu erhöhen, gewährten
die Bettelmönche die Absolution unter so leichten Bedingungen, daß
Verbrecher aller Art zu ihnen strömten; infolgedessen nahmen die
schrecklichsten Laster schnell überhand. Die Armen und Kranken
ließ man leiden, während die Gaben, die ihre Bedürfnisse hätten be-
friedigen können, den Mönchen zuteil wurden, die unter Drohungen
die Almosen des Volkes forderten und jene für gottlos erklärten, die
ihrem Orden Geschenke verweigerten. Ungeachtet ihres Bekennt-
nisses zur Armut nahm der Reichtum der Bettelmönche ständig zu,
und ihre prächtigen Gebäude und ihre reichgedeckten Tafeln ließen
die wachsende Armut des Volkes um so augenscheinlicher werden.
Die Mönche verbrachten ihre Zeit in Üppigkeit und Freuden und
sandten an ihrer Statt unwissende Männer aus, die wunderbare Ge-
schichte, Legenden und Späße zur Unterhaltung der Leute erzählen
mußten und sie dadurch noch vollkommener in den Täuschungen der
Mönche verfingen. Diesen hingegen gelang es, ihren Einfluß auf die
abergläubische Menge zu wahren und sie glauben zu machen, daß
die Oberhoheit des Papstes anzuerkennen, die Heiligen zu verehren
und den Mönchen Almosen zu geben die Summe aller religiösen
Pflichten sei und hinreiche, ihnen einen Platz im Himmel zu sichern.
Gelehrte und fromme Männer hatten sich vergebens bemüht, un-
ter diesen Mönchsorden eine Reform durchzuführen; Wiklif jedoch
ging dem Übel mit klarer Einsicht an die Wurzel und erklärte, daß
das System selbst unrichtig sei und abgetan werden müsse. Jetzt
erhoben sich Debatten und Fragen. Als die Mönche das Land durch-
zogen und den Ablaß verkauften, begannen viele die Möglichkeit,
sich Vergebung mit Geld zu erkaufen, anzuzweifeln, und sie fragten
sich, ob sie die Vergebung der Sünden nicht lieber bei Gott statt bei
dem Priesterfürsten zu Rom suchen sollten. (Siehe Anm. 011) Nicht
wenige waren über die Raubgier der Bettelmönche beunruhigt, deren
Habsucht nie befriedigt zu werden schien. „Die Mönche und Prie-
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ster“, sagten sie, „fressen uns wie ein Krebsschaden; Gott muß uns
helfen, sonst geht alles zugrunde.
Um ihre Habsucht zu verdecken,
behaupteten diese Bettelmönche, daß sie des Heilandes Beispiel
1
D‘Aubigné, „Geschichte der Reformation“, 17.Buch, Kapitel 7, Stuttgart, 1854