Seite 93 - Der gro

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John Wiklif
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Evangelisation des Volkes, in die Hände zu legen. Bei der Ausfüh-
rung dieser Aufgabe galt es, viele Hindernisse zu überwinden. Wiklif
war von körperlicher Schwäche niedergebeugt; er wußte, daß ihm
nur noch wenige Jahre zur Arbeit blieben; er sah den Widerstand,
dem er entgegentreten mußte; aber durch die Verheißungen des Wor-
tes Gottes ermutigt, ging er unerschrocken voran. In voller geistiger
Kraft und reich an Erfahrungen hatte Gottes besondere Vorsehung
ihn für diese größte seiner Aufgaben vorbereitet und erhalten. Wäh-
rend die ganze Christenheit in Aufregung war, widmete sich der
Reformator in seiner Pfarre zu Lutterworth seiner selbstgewählten
Arbeit, ohne das Rasen des Sturmes zu beachten, der draußen tobte.
Endlich war die erste englische Übersetzung der Heiligen Schrift
vollendet. Das Wort Gottes war England zugänglich. Jetzt fürchtete
der Reformator weder das Gefängnis noch den Scheiterhaufen, hatte
er doch dem englischen Volk ein Licht in die Hände gegeben, das
nie ausgelöscht werden sollte. Indem er seinen Landsleuten die
Bibel gab, hatte er mehr getan, die Fesseln der Unwissenheit und
des Lasters abzustreifen und sein Land zu befreien und zu erheben,
als je durch den glänzendsten Sieg auf dem Schlachtfeld erreicht
wurde noch auch in Zukunft erreicht werden sollte.
Da die Buchdruckerkunst noch unbekannt war, konnte nur durch
mühevolle Arbeit Abschriften der Bibel hergestellt werden. So groß
war das Verlangen, das Buch zu erhalten, daß viele freiwillig die
Heilige Schrift abschrieben, und doch konnten die Abschreiber nur
mit Mühe der Nachfrage gerecht werden. Manche wohlhabende
Käufer verlangten die ganze Bibel, andere schafften sich nur Teile
des Wortes Gottes an. In vielen Fällen taten sich mehrere Familien
zusammen um ein Exemplar zu kaufen. So fand Wiklifs Bibel in
kurzer Zeit ihren Weg in die Wohnungen des Volkes.
Wiklifs Appell an den klaren Menschenverstand weckte das
Volk aus seiner widerstandslosen Unterwerfung unter die päpstlichen
Glaubenssätze. Er lehrte die spätere Auffassung des Protestantismus:
Erlösung durch den Glauben an Christus und alleinige Unfehlbarkeit
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der Heiligen Schrift. Die Prediger, die er ausgesandt hatte, verbrei-
teten die Bibel und des Reformators Schriften mit solchem Erfolg,
daß nahezu die Hälfte des englischen Volkes voller Begeisterung
den neuen Glauben annahm.