Seite 587 - Das Leben Jesu (1973)

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Der Tempel wird wieder gereinigt
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ihn. Wenn nun der Herr des Weinberges kommen wird, was wird er
diesen Weingärtnern tun?“
Matthäus 21,33-40
.
Jesus hatte sich an alle Leute gewandt, die bei ihm waren, doch
die Priester und Obersten antworteten sogleich: „Er wird die Böse-
wichte übel umbringen und seinen Weinberg an andere Weingärtner
vergeben, die ihm die Früchte zu rechter Zeit geben.“
Matthäus
21,41
. Die Bedeutung dieses Gleichnisses war zunächst von den
Sprechern nicht erkannt worden; nun aber stellten sie fest, daß sie
sich ihr eigenes Urteil gesprochen hatten.
In diesem Gleichnis steht der Weinbergbesitzer für Gott, der
Weinberg für das jüdische Volk und der Zaun für das göttliche Ge-
setz, das dessen Schutzwall war; der Turm aber war ein Sinnbild des
Tempels. Der Weinbergbesitzer hatte alle Voraussetzungen für die
Fruchtbarkeit des Weinberges geschaffen. So fragt er: „Was sollte
man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe
an ihm?“
Jesaja 5,4
. So drückte Gott seine unermüdliche Sorge für
Israel aus. Wie die Weingärtner dem Herrn einen gebührenden An-
teil an den Früchten des Weinbergs zurückzugeben hatten, so sollte
Gottes Volk ihn durch eine Lebensführung ehren, die seinen Gna-
dengaben entsprach. Aber wie die Weingärtner die Knechte töteten,
die der Herr zur Einholung der Frucht sandte, so hatten die Juden
viele Propheten umgebracht, durch die Gott sie zur Umkehr bewegen
wollte. Ein Bote nach dem andern war getötet worden. Bis dahin
war die Bedeutung des Gleichnisses nicht fraglich, und das, was
folgte, machte es womöglich noch klarer. In dem geliebten Sohn,
den der Herr des Weinberges schließlich zu seinen ungehorsamen
Arbeiter schickte und den diese ergriffen und erschlugen, erhielten
die Priester und Obersten ein klares Bild von Jesus und von dem, was
ihm bevorstand. Sie planten ja bereits, den zu vernichten, den der
Vater als letzten Mahnruf zu ihnen geschickt hatte. Die Vergeltung
aber, die den unbarmherzigen Weingärtnern angedroht wurde, sollte
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den Untergang jener Menschen anzeigen, die Christus dem Tode
ausliefern würden.
Der Heiland schaute voll Mitleid auf sie, als er fortfuhr: „Habt
ihr nie gelesen in der Schrift: ‚Der Stein, den die Bauleute verwor-
fen haben, der ist zum Eckstein geworden. Von dem Herrn ist das
geschehen und ist ein Wunder vor unsren Augen‘? Darum sage ich
euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Vol-