Seite 119 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Abraham in Kanaan
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Aber Abraham hatte diesen Feldzug nicht in gewinnsüchtiger Ab-
sicht unternommen und lehnte es ab, aus dem Unglück anderer Vor-
teile zu ziehen. Er stellte nur die Bedingung, daß seine Verbündeten
den Anteil erhalten sollten, der ihnen zustand.
Nicht viele hätten sich in einem ähnlichen Falle so großmütig ge-
zeigt wie Abraham. Wer würde schon der Versuchung widerstanden
haben, bei solcher Gelegenheit reiche Beute zu machen! Sein Bei-
spiel ist für Selbstsüchtige und Geldgierige ein Vorwurf. Abraham
dachte daran, was Gerechtigkeit und Menschlichkeit erforderten.
Seine Haltung veranschaulicht den biblischen Grundsatz: „Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
3.Mose 19,18
. „Ich hebe
meine Hand auf“, sagte er, „zu dem Herrn, dem höchsten Gott, der
Himmel und Erde geschaffen hat, daß ich von allem, was dein ist,
nicht einen Faden noch einen Schuhriemen nehmen will, damit du
nicht sagest, du habest Abram reich gemacht.“
1.Mose 14,22.23
. Er
wollte ihnen keinerlei Veranlassung geben zu der Meinung, er sei
um des Gewinnes willen in den Krieg gezogen, oder er verdanke
seinen Wohlstand ihren Gaben und ihrer Gunst. Gott hatte verheißen,
Abraham zu segnen, und ihm sollte die Ehre gegeben werden.
Noch ein anderer kam, um den siegreichen Erzvater zu begrüßen:
Melchisedek, der König von Salem, der zur Erfrischung des Heeres
Brot und Wein brachte. Als „Priester Gottes des Höchsten“ segnete
er Abraham und dankte dem Herrn, der durch seinen Diener solchen
Sieg geschenkt hatte. Und Abraham „gab ihm den Zehnten von
allem“.
1.Mose 14,18,20
.
Abraham kehrte wohlbehalten zu seinen Zelten und Herden zu-
rück, doch beunruhigten ihn quälende Gedanken. Er war ein Mann
des Friedens gewesen und hatte Feindschaft und Streit soweit wie
möglich vermieden. Mit Grauen dachte er an das Blutvergießen, das
er erlebt hatte. Aber andernfalls würden die Stämme, deren Streit-
kräfte er geschlagen hatte, zweifellos wieder in Kanaan einfallen
und ihn zum besonderen Ziel ihrer Rache wählen. Wenn er auf diese
Weise in die Streitigkeiten der Völker verwickelt wurde, war es mit
der friedlichen Ruhe seines Lebens vorbei. Zudem hatte er noch
nicht von Kanaan Besitz ergriffen.
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Auch konnte er auf keinen Erben mehr hoffen, der die Erfüllung der
Verheißung erleben würde.