Seite 131 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Die Glaubensprüfung
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so konnte die Eintracht wieder hergestellt werden. Ihm wurde aber
die tröstliche Zusage, daß Ismael auch fern vom Heim des Vaters
nicht von Gott verlassen sein würde. Er sollte am Leben bleiben
und der Vater eines großen Volkes werden. Abraham gehorchte den
Worten des Engels, aber nicht ohne bitteres Weh. Sein Vaterherz war
schwer von unaussprechlichem Leid, als er Hagar und ihren Sohn
wegschickte.
Diese Lehre, die Abraham über die Heiligkeit der Ehe erteilt
wurde, kann allen zur Warnung dienen. Sie besagt, daß Rechte und
Glück dieser Verbindung sorgfältig gehütet werden sollten, wenn
es sein muß, auch unter Opfern. Sara war die einzige rechtmäßige
Frau Abrahams. Ihre Rechte als Gattin und Mutter sollte sie mit
keiner anderen teilen. Sie achtete ihren Mann sehr hoch und deshalb
wird sie im Neuen Testament als ein würdiges Vorbild hingestellt.
Aber sie war unwillig darüber, daß Abraham auch einer anderen
Zuneigung entgegenbrachte, und der Herr tadelte sie nicht, als sie
die Verstoßung ihrer Nebenbuhlerin forderte. Abrahams und Saras
mangelndes Vertrauen in die Macht Gottes hatte sie zu dem Irrtum
bewogen, die Ehe mit Hagar zu schließen.
Gott hatte Abraham zum Vater der Gläubigen berufen. Sein
Leben sollte für spätere Geschlechter beispielgebend sein. Aber
noch war sein Glaube unvollkommen. Das bewies er durch sein
mangelndes Vertrauen zu Gott, als er verheimlichte, daß Sara seine
Frau war, und ebenso, als er Hagar heiratete. Damit er die höchste
Reife erlange, legte ihm Gott eine Prüfung auf, die härter war, als sie
je ein Mensch zu erdulden hatte. In einem Nachtgesicht gab er ihm
die Weisung, ins Land Morija zu gehen und dort auf einem Berge,
den er ihm zeigen würde, seinen Sohn als Brandopfer darzubringen.
Als Abraham diesen Auftrag erhielt, war er bereits hundertzwan-
zig Jahre alt, also selbst für seine Zeit ein alter Mann. Früher hatte
er Mühsal ertragen und Gefahren getrotzt. Nun aber war das Jugend-
feuer erloschen. In der Kraft der Mannesjahre kann man Schwie-
rigkeiten und Anfechtungen tapfer begegnen, vor denen einem im
Alter, wenn man dem Grabe zuwankt, der Mut entfallen würde. Aber
gerade die letzte und schwerste Prüfung blieb Abraham vorbehalten,
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bis die Jahre schon schwer auf ihm lasteten und er den Wunsch hatte,
von Sorge und Mühe auszuruhen.