Seite 169 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Jakobs Flucht und Verbannung
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Menschen treten können. Christus verbindet die Menschen in ihrer
Schwachheit und Hilflosigkeit mit der Quelle unendlicher Kraft.
Das alles wurde Jakob in seinem Traum enthüllt. Obwohl er
einen Teil dieser Offenbarung sofort begriff, beschäftigte ihn die
Erforschung der großen, geheimnisvollen Wahrheiten sein Leben
lang, und sie erschlossen sich seinem Verständnis immer mehr.
In tiefer nächtlicher Stille erwachte Jakob vom Schlaf. Die leuch-
tenden Gestalten seiner Vision waren verschwunden. Nur die matten
Umrisse der fernen Berge und darüber die hellen Sterne des Himmels
begegneten seinem aufmerksamen Blick. Voll Ehrfurcht empfand er,
daß Gott bei ihm war. Der Unsichtbare erfüllte mit seiner Gegenwart
die Einsamkeit. „Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte“, sagte Jakob,
„und ich wußte es nicht ...! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus,
und hier ist die Pforte des Himmels.“
1.Mose 28,16.17
.
„Und Jakob stand früh am Morgen auf und nahm den Stein, den
er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn auf zu einem
Steinmal und goß Öl oben darauf.“
1.Mose 28,18
. Nach der Ge-
wohnheit, sich wichtiger Ereignisse zu erinnern, errichtete Jakob
ein Denkmal der Barmherzigkeit Gottes, damit er an diesem ge-
heiligten Ort verweilen und Gott anbeten könnte, wenn er jemals
wieder dieses Weges käme. Er nannte den Platz „Bethel“, das heißt
„Gottes Haus“. Mit tiefer Dankbarkeit wiederholte er sich die Verhei-
ßung, daß Gott mit ihm sein würde. Dann leistete er den feierlichen
Schwur: „Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege,
den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen
und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll
der Herr mein Gott sein. Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe
zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was
du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.“
1.Mose 28,20,22
.
Jakob versuchte hier keineswegs, mit Gott Bedingungen auszu-
handeln. Der Herr hatte ihm ja bereits Wohlstand verheißen. Dieses
Gelöbnis war der Ausdruck eines Herzens, das voll Dank für die
Versicherung der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit war. Jakob
empfand die Berechtigung der Forderungen, die Gott an ihn stellte
und die er anerkennen mußte, weil die außergewöhnlichen Beweise
göttlicher Gnade eine Gegengabe verlangten. Jede Segnung, die uns
zuteil wird, ruft uns zu einer Antwort an den Urheber alles Segens
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auf. Ein guter Christ sollte oft Rückschau halten über seine Vergan-