Seite 234 - Patriarchen und Propheten (1999)

Basic HTML-Version

230
Patriarchen und Propheten
Bei allen, die dazu ausersehen sind, ein Werk für Gott zu tun,
muß man auch die menschliche Natur in Betracht ziehen. Das waren
keine Menschen mit fertigen Charakteren und festgefügten Gewohn-
heiten, die sich mit ihrem derzeitigen Zustand zufriedengegeben
hätten. Vielmehr baten sie Gott ernstlich um Verstand und wollten
lernen, für ihn zu arbeiten. Der Apostel sagt: „Wenn aber jemandem
unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott, der da gern gibt jeder-
mann und allen mit Güte begegnet, so wird ihm gegeben werden.“
Jakobus 1,5
. Aber Gott wird niemandem Licht von oben schenken,
der in der Finsternis bleiben will. Wer Hilfe von Gott erwartet, muß
sich der eigenen Schwäche und Unzulänglichkeit bewußt werden.
Er muß seinen Verstand sprechen lassen bei der Wandlung, die in
ihm vorgehen soll, und sich aufrütteln lassen zu ernstlichen, ausdau-
ernden Anstrengungen und zum Gebet. Schlechte Neigungen und
Gewohnheiten lege man ab. Den Sieg kann nur erringen, wer sich
zielbewußt darum bemüht, seine Fehler zu überwinden, und sich
nach guten Grundsätzen richtet. Viele gelangen nie zu der Stellung,
die sie einnehmen könnten, weil sie erwarten, daß Gott für sie das
tut, wozu er sie selbst durchaus fähig gemacht hat. Alle, die zum
Dienst bereit sind, müssen sich in strengster geistiger und sittlicher
Zucht bilden lassen. Gott wird ihnen dabei helfen und seine Kraft
zu ihrem Bemühen schenken.
Umgeben von gewaltigen Bergen, war Mose allein mit Gott.
Ägyptens prachtvolle Tempel samt Abgötterei und Unwahrheiten
konnten ihn nicht mehr beeindrucken. In der feierlichen Erhabenheit
der ewigen Berge erblickte er die Majestät des Höchsten. Im Ge-
gensatz dazu stellte er sich die Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit
der Götter Ägyptens vor. Überall stand der Name des Schöpfers
geschrieben. Mose schien es, als stünde er in seiner Gegenwart und
würde von seiner Macht überschattet. Hier wurden Hochmut und
Selbstzufriedenheit hinweggefegt. In der harten Einfachheit seines
Wüstenlebens verschwanden die Folgen des bequemen Wohllebens
in Ägypten. Mose wurde geduldig, anspruchslos und bescheiden,
„ein sehr demütiger Mensch, mehr als alle Menschen auf Erden“
[228]
(
4.Mose 12,3
), dennoch stark im Glauben an den mächtigen Gott
Jakobs.
Die Jahre vergingen. Wenn er mit den Herden in einsamen Ge-
genden wanderte, grübelte er oft über die Bedrückung seines Volkes