Seite 290 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Menschen auswirken oder uns auch nur veranlassen, ihnen Böses
zu wünschen (denn „wer seinen Bruder hasset, der ist ein Totschlä-
ger“ (
1.Johannes 3,15
); ferner Vernachlässigung der Bedürftigen
oder Leidenden aus selbstsüchtigen Gründen und sowohl alle zügel-
lose Genußsucht als auch unnötige Entbehrung oder übertriebene
Arbeitsleistung, die zur Schädigung der Gesundheit führt.
„Du sollst nicht ehebrechen.“
2.Mose 20,14
. Dieses Gebot ver-
bietet nicht nur unkeusche Handlungen, sondern auch wollüstige Vor-
stellungen und Begierden oder irgendwelche Gewohnheiten, durch
die sie erregt werden könnten. Gott fordert nicht allein die äußer-
liche Reinheit, sondern die des Herzens, der geheimsten Gefühle
und Wünsche. Auch Christus, der die weitreichende Verbindlichkeit
des Gesetzes Gottes lehrte, bezeichnete böse Gedanken oder Blicke
genauso als Sünde wie die unerlaubte Tat.
„Du sollst nicht stehlen.“
2.Mose 20,16
. Dieses Verbot umfaßt
offenkundige und verborgene Sünden. Das achte Gebot verurteilt
Menschenraub und Sklavenhandel und verbietet Eroberungskriege.
Es verdammt Diebstahl und Raub und fordert unbedingte Redlichkeit
in den kleinsten Dingen des Lebens. Es verbietet das Übervorteilen
im Geschäftsleben und verlangt gerechte Bezahlung bei Verpflich-
tungen oder Arbeitslöhnen. Es erklärt jeden Versuch, sich durch die
Unwissenheit, die Schwäche oder das Mißgeschick eines anderen
Vorteil zu verschaffen, für Betrug, der in den Büchern des Himmels
verzeichnet wird.
„Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.“
2.Mose 20,16
. Damit ist jede unwahre Aussage in irgendwelchen
Streitfragen gemeint, jeder Versuch oder Plan, unsern Nächsten zu
täuschen. Und vorsätzliche Täuschung ist Lüge. Man kann mit einem
flüchtigen Blick, mit einer Handbewegung oder durch das Mienen-
spiel Unwahrheiten genauso ausdrücken wie mit Worten. Jede ab-
sichtliche Übertreibung oder jede Anspielung, die darauf berechnet
ist, einen falschen Eindruck zu erwecken, ja sogar Berichterstattung
im Sinne einer Unterstellung ist Lüge. Dieses Gebot verbietet jeden
Versuch, dem guten Ruf des Nächsten durch falsche Darstellung und
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schlimme Verdächtigungen, Verleumdungen und Zuträgerei zu scha-
den. Selbst das vorsätzliche Vertuschen der Wahrheit, woraus andern
Schaden erwachsen kann, ist Übertretung des neunten Gebotes.