Seite 292 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Zehn Geboten wurden sie Mose persönlich von Gott übergeben,
damit er sie dem Volke mitteilte.
Das erste dieser Gesetze bezog sich auf das Gesinde. Im Alter-
tum verkauften die Richter Übeltäter zuweilen in die Sklaverei. In
manchen Fällen taten es Gläubiger mit ihren Schuldnern. Und hin
und wieder trieb die Armut Menschen dazu, sich oder ihre Kinder zu
verkaufen. Aber ein Hebräer durfte nicht auf Lebenszeit als Sklave
verkauft werden. Seine Dienstbarkeit dauerte höchstens sechs Jahre;
im siebenten mußte er wieder freigelassen werden. Menschenraub,
vorsätzlicher Mord und Empörung gegen die elterliche Autorität
wurden mit dem Tode bestraft. Es war erlaubt, Nicht-Israeliten als
Sklaven zu halten, aber sie standen unter strengem Schutz. Der
Mörder eines Sklaven wurde bestraft. Jede ihm durch seinen Herrn
zugefügte Verletzung, und sei es nur ein ausgeschlagener Zahn, be-
rechtigte ihn dazu, freigelassen zu werden.
Die Israeliten waren bis vor kurzem selbst Sklaven gewesen.
Nun sie ihrerseits welche halten durften, sollten sie sich vor jenen
Grausamkeiten und ungerechten Forderungen hüten, unter denen
sie bei den ägyptischen Fronvögten gelitten hatten. In Erinnerung
an ihre eigene bittere Knechtschaft sollten sie sich in die Lage der
Sklaven versetzen können und freundlich und verständnisvoll mit
ihnen umgehen, das heißt, sie so behandeln, wie man selbst behandelt
werden möchte.
Die Rechte der Witwen und Waisen waren besonders geschützt;
sie schrieben schonende Berücksichtigung ihrer hilflosen Lage vor:
„Ihr sollt Witwen und Waisen nicht bedrücken. Wirst du sie be-
drücken und werden sie zu mir schreien, so werde ich ihr Schrei-
en erhören. Dann wird mein Zorn entbrennen, daß ich euch mit
dem Schwert töte und eure Frauen zu Witwen und eure Kinder zu
Waisen werden.“
2.Mose 22,21-23
. Auch Fremde, die sich Israel
angeschlossen hatten, waren vor Unrecht und Härte zu schützen.
„Die Fremdlinge sollt ihr nicht unterdrücken; denn ihr wisset um der
Fremdlinge Herz, weil ihr auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen
seid.“
2.Mose 23,9
.
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Von einem Armen Wucherzinsen zu nehmen, war verboten.
Nahm man von ihm Bekleidung oder Decke als Pfand, mußten sie
am Abend zurückgegeben werden. Wer gestohlen hatte, mußte das
Doppelte ersetzen. Das Gesetz schärfte Achtung vor Richtern und