Seite 299 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Götzendienst am Sinai
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als Abgötterei zu brandmarken. Aber da fiel man über sie her und
mißhandelte sie; in dem allgemeinen Aufruhr kamen sie schließlich
ums Leben.
Weil Aaron um seine Sicherheit fürchtete, gab er den Forderun-
gen der Menge nach, statt mutig für die Ehre Gottes einzutreten. Als
erstes ließ er alle goldenen Ohrringe vom Volke einsammeln und
zu sich bringen. Er hoffte, daß sie bei ihrer Eitelkeit auf ein solches
Opfer gar nicht eingehen würden. Aber sie gaben ihren Schmuck
willig her, und so goß er ihnen ein goldenes Kalb daraus, eine Nach-
bildung der ägyptischen Gottheit. Das Volk rief: „Das ist dein Gott,
Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“
2.Mose 32,4
. Und
feige ließ Aaron diese Beleidigung Jahwes zu. Er tat noch mehr. Als
er sah, mit welcher Befriedigung der goldene Gott aufgenommen
wurde, baute er einen Altar davor und ließ ausrufen: „Morgen ist
des Herrn Fest.“ Im ganzen Lager verkündeten Trompeten die Nach-
richt von Gruppe zu Gruppe. „Und sie standen früh am Morgen auf
und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach
setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen
auf, um ihre Lust zu treiben.“
2.Mose 32,5.6
. Unter dem Vorwand,
„des Herrn Fest“ zu feiern, veranstalteten sie eine Schwelgerei und
ausschweifende Lustbarkeit.
Wie oft wird heutzutage die Vergnügungssucht mit dem „Schein
eines gottesfürchtigen Wesens“ (
2.Timotheus 3,5
) bemäntelt! Eine
Religion, die bei der Beobachtung gottesdienstlicher Bräuche den
Leuten erlaubt, selbstischen oder sinnlichen Genüssen zu frönen,
gefiele den Menschen heute ebensogut wie in den Tagen Israels. Und
es gibt immer noch nachgiebige Aarons, die die Wünsche Ungehei-
ligter billigen und sie dadurch nur zur Sünde ermuntern, obwohl sie
selbst hohe verantwortliche Stellen in der Gemeinde innehaben.
Es war nur wenige Tage her, daß die Hebräer einen feierlichen
Bund mit Gott geschlossen und versprochen hatten, auf seine Stim-
me zu hören. Zitternd und angsterfüllt hatten sie vor dem Berge
gestanden und den Worten des Herrn gelauscht: „Du sollst keine
anderen Götter haben neben mir.“
2.Mose 20,3
. Die Herrlichkeit
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Gottes schwebte noch vor den Augen der Gemeinde über dem Sinai,
aber sie wandten sich von ihr ab und verlangten nach anderen Göt-
tern. „Sie machten ein Kalb am Horeb und beteten das gegossene
Bild an und verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes in das Bild