Seite 368 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Weil Mirjam der Unzufriedenheit nachgab, fand sie sogar Grund
zur Klage bei Dingen, die Gott eigens gefügt hatte. So hatte ihr
Moses Heirat mißfallen. Das war in ihren Augen eine Beleidigung
der Familie und ihres Nationalstolzes; denn anstatt eine Hebräerin
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zu nehmen, hatte Mose seine Frau aus einem andern Volk gewählt.
Darum behandelte Mirjam Zippora mit nahezu unverhohlener Ver-
achtung.
Obwohl man Moses Frau eine „Kuschiterin“ (
4.Mose 12,1
) nann-
te, war sie eine Midianitin und somit ein Nachkomme Abrahams.
Aber vom Äußeren her unterschied sie sich von den Hebräern durch
eine etwas dunklere Hautfarbe. Wenn auch keine Israelitin, betete
Zippora doch den wahren Gott an. Sie war von Natur schüchtern und
zurückhaltend, freundlich, sanft und überaus schmerzlich berührt
beim Anblick von Leiden. Schon deshalb hatte Mose auf dem Wege
nach Ägypten eingewilligt, daß sie nach Midian zurückkehrte. Er
wollte ihr die Pein ersparen, Augenzeuge der göttlichen Strafgerichte
zu werden, die Ägypten treffen sollten.
Als Zippora ihrem Mann in der Wüste wieder begegnete, sah
sie ihm an, daß die Belastungen an seinen Kräften zehrten, und sie
äußerte Jethro ihre Befürchtungen. Dieser regte dann die Maßnah-
men zu Moses Unterstützung an. Und hier lag der Hauptgrund für
Mirjams Abneigung gegen Zippora. Sie litt unter der vermeintli-
chen Hintansetzung, die sie und Aaron erfahren hatten. Dafür sah
sie in Moses Frau den Grund und schloß daraus, daß ihr Einfluß
ihn abgehalten habe, die Geschwister wie früher zu Rate zu ziehen.
Wäre Aaron hier standhaft für das Rechte eingetreten, hätte er dem
Bösen Einhalt gebieten können. Aber anstatt Mirjam das Unrecht
ihres Benehmens deutlich zu machen, war er darin mit ihr einig. Er
hörte auf ihre Beschwerden, und bald plagte auch ihn die Eifersucht.
Schweigend ertrug Mose ihre Beschuldigungen. Er hatte in den
beschwerlichen Wartejahren in Midian Erfahrungen gesammelt.
Dort lernte er Demut und Geduld, die ihn darauf vorbereiteten, so-
wohl dem Unglauben und Murren des Volkes als auch dem Stolz
und Neid derer, die unerschütterlich zu ihm hätten stehen sollen,
mit Langmut zu begegnen. „Mose war ein sehr demütiger Mensch,
mehr als alle Menschen auf Erden“ (
4.Mose 12,3
), und eben deshalb
wurden ihm mehr als anderen Menschen göttliche Weisheit und
Führung gewährt. Die Schrift sagt: „Er führt die Demütigen auf den