Seite 403 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Mose schlägt den Felsen
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erwünschten Vorwand gefunden, um alle Vorhaltungen Gottes durch
seine Diener zurückzuweisen.
Mose bezeugte mangelndes Gottvertrauen. „Werden wir euch
wohl Wasser hervorbringen können?“ fragte er, als ob der Herr nicht
zu seinen Verheißungen stünde. „Weil ihr nicht an mich geglaubt
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habt“, erklärte der Herr den beiden Brüdern, „und mich nicht gehei-
ligt habt vor den Kindern Israel, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht
ins Land bringen.“
4.Mose 20,12
. Als es an Wasser fehlte, hatte das
Murren und die Empörung des Volkes sogar ihren eigenen Glauben
an Gottes Verheißung wankend gemacht. Die erste Generation muß-
te um ihres Unglaubens willen in der Wüste sterben, und doch zeigte
sich derselbe Geist in ihren Kindern. Würden auch sie die Erfüllung
der Verheißung nicht erleben? Müde und verzagt, hatten sich Mose
und Aaron keine Mühe mehr gegeben, gegen den Strom der öffentli-
chen Meinung anzugehen. Hätten sie selbst jedoch unwandelbaren
Glauben an Gott bewiesen, wäre es ihnen gelungen, dem Volk diese
Angelegenheit so darzustellen, daß es die Glaubensprüfung bestand.
Durch schnelle, entschiedene Anwendung der Autorität, zu der sie
als Obrigkeit berechtigt waren, hätten sie das Murren unterdrücken
können. Es war sogar ihre Pflicht, alles, was in ihrer Macht stand,
zu tun, einen besseren Zustand der Dinge herbeizuführen, ehe sie
Gott um Hilfe baten. Wieviel Unheil wäre verhütet worden, wenn
sie dem Jammern bei Kadesch sofort Einhalt geboten hätten!
Durch sein übereiltes Handeln nahm Mose der Erfahrung, die
Gott seinem Volk gewähren wollte, die überzeugende Kraft. Der Fels
als das Sinnbild für Christus war einmal geschlagen worden, wie
Christus einmal geopfert werden sollte. Zum zweiten Mal durfte man
nur mit dem Felsen reden, wie wir um Segnungen im Namen Jesu nur
zu bitten brauchen. Durch das zweite Schlagen des Felsens wurde
die Bedeutung dieses schönen Gleichnisses auf Christus zerstört.
Aber noch mehr: Mose und Aaron hatten sich eine Machtvoll-
kommenheit angemaßt, die allein Gott zusteht. Daß Gott eingreifen
mußte, machte den Vorfall so ernst. Die Verantwortlichen in Israel
sollten dessen Bedeutung herausstellen, um dem Volke tiefe Ehr-
furcht vor Gott einzuprägen und sie in ihrem Glauben an seine Macht
und Güte zu bestärken. Als sie jedoch ärgerlich ausriefen: „Werden
wir euch wohl Wasser hervorbringen können?“ setzten sie sich an
Gottes Stelle, als ob sie die Kraft dazu besäßen — sie, denen so