Seite 411 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Die Reise um Edom
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Also wandte sich die große Schar Israels wieder südwärts und
suchte ihren Weg durch öde Wüste, die jedoch nach dem flüchti-
gen Blick auf die grünenden Flächen zwischen Edoms Bergen und
Tälern noch viel trostloser erschien. Aus der Gebirgskette, die die-
se trübselige Öde überragte, erhob sich der Berg Hor. Auf seinem
Gipfel sollte Aaron sterben und begraben werden. Als die Israeliten
hierher kamen, richtete Gott an Mose den Befehl: „Nimm Aaron
und seinen Sohn Eleasar und führe sie auf den Berg Hor und zieh
Aaron seine Kleider aus und zieh sie seinem Sohn Eleasar an. Und
Aaron soll dort zu seinen Vätern versammelt werden und sterben.“
4.Mose 20,25.26
.
Miteinander stiegen die beiden alten Männer und der jüngere
mühsam den Berg hinauf. Moses und Aarons Häupter waren nach
120 Lebensjahren weiß wie Schnee. In ihrem langen, ereignisreichen
Dasein hatten sie die schwersten Prüfungen und die höchsten Ehren
erfahren, die je einem Menschen zuteil wurden. Sie waren Männer
mit großen Fähigkeiten, die alle Kräfte durch den Umgang mit dem
Unendlichen entfaltet und veredelt hatten. Ihr ganzes Leben war
selbstloser Dienst für Gott und an den Mitmenschen gewesen. Ihre
Gesichtszüge zeugten von großer Geisteskraft und Entschlossenheit,
von Gesinnungsadel und starkem Gefühlsleben.
Viele Jahre hatten Mose und Aaron in Sorge und Mühe Sei-
te an Seite gestanden. Gemeinsam hatten sie zahllosen Gefahren
getrotzt und gemeinsam überwältigende Segnungen Gottes empfan-
gen. Nun war die Zeit gekommen, da sie sich trennen mußten. Sehr
langsam stiegen sie hinauf, denn jeder Augenblick des Beisammen-
seins war kostbar. Es ging steil und mühselig nach oben; und da
sie oft innehielten, um auszuruhen, sprachen sie über Vergangenheit
und Zukunft. So weit das Auge reichte, erstreckte sich vor ihnen
das Gebiet ihrer Wüstenwanderung. Unten in der Ebene lagerte das
riesige Israel, für das sich diese erwählten Männer in den besten
Jahren ihres Lebens verausgabten, dessen Wohlergehen sie sich stets
angelegen sein ließen und für das sie so große Opfer gebracht hat-
ten. Irgendwo hinter den Bergen Edoms lag der Weg, der in das
verheißene Land führte, dessen Segnungen Mose und Aaron nicht
genießen sollten. Aber in ihren Herzen war kein Aufbegehren, kein
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Murren entschlüpfte ihren Lippen; doch lag ernste Trauer auf ihren