Seite 414 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
sie begruben ihn auch. Das einsame Grab auf dem Berge Hor blieb
den Blicken Israels für immer verborgen. Mit dem großen Aufwand,
der so oft wegen eines Toten entfaltet wird, und durch die großen
Kosten, die entstehen, wenn ein Mensch der Erde übergeben wird,
kann man Gott nicht ehren.
Ganz Israel trauerte um Aaron. Aber für niemand konnte der
Verlust so schmerzlich sein wie für Mose. Aarons Tod gemahnte ihn
zwangsläufig daran, daß auch sein Ende nahe war. Aber so kurz die
Zeit seines Verweilens auf Erden noch sein mochte, er empfand den
Verlust seines ständigen Gefährten tief. So viele Jahre hatte Aaron
als einziger Freud und Leid, Hoffnungen und Befürchtungen mit
ihm geteilt. Nun sollte Mose das Werk allein fortsetzen. Aber er
wußte, daß Gott sein Verbündeter war, auf den er sich nun um so
mehr stützte.
Bald nachdem die Israeliten den Berg Hor verlassen hatten, erlit-
ten sie eine Niederlage gegen den kanaanitischen König Arad. Als
sie Gott jedoch ernstlich baten, gewährte er ihnen seine Hilfe, und
ihre Feinde wurden in die Flucht geschlagen. Aber anstatt dankbar
und sich ihrer Abhängigkeit von Gott bewußt zu sein, machte dieser
Sieg die Hebräer stolz und selbstsicher. Bald verfielen sie in die
alte Neigung zu murren. Jetzt waren sie unzufrieden, weil sie nicht
schon vor vierzig Jahren — unmittelbar nach ihrer Empörung bei
dem Bericht der Kundschafter — nach Kanaan ziehen durften. Ihrer
Meinung nach war die lange Wüstenreise eine unnötige Verzöge-
rung; schon damals hätten sie ihre Feinde ebenso leicht besiegt wie
heute.
Als sie ihre Wanderung nach Süden fortsetzten, führte sie der
Weg durch ein heißes, sandiges Tal ohne jeden schattigen Platz und
Pflanzenwuchs. Der Weg schien weit und war beschwerlich, sie
waren müde und durstig. Und wieder einmal bestanden sie eine
Glaubens- und Geduldsprobe nicht. Weil sie immer nur die Schat-
tenseiten ihrer Erlebnisse sahen, entfernten sie sich innerlich mehr
und mehr von Gott. Sie verloren den Blick für die Tatsache, daß
ihnen die Reise um Edom herum erspart geblieben wäre, wenn sie
nicht aufbegehrt hätten, als ihnen bei Kadesch das Wasser ausging.
Gott plante Besseres für sie, und sie mußten eigentlich dankbar sein,
daß er ihre Sünde so milde bestraft hatte. Statt dessen bildeten sie
sich ein, sie könnten längst im Besitz des verheißenen Landes sein,