Seite 459 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Moses Tod
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dem, was ihm bevorstand und wovor sein Herz zurückschreckte. Das
Schwerste aber war die Trennung von dem Volk, dem seine ganze
Liebe und Fürsorge gegolten und sein Leben so lange gehört hatte.
Aber er hatte gelernt, Gott zu vertrauen, und in bedingungslosem
Glauben überließ er sich und sein Volk der Liebe und Gnade des
Herrn.
Zum letzten Mal stand Mose vor Israel. Wiederum ruhte der
Geist Gottes auf ihm, und mit feierlichen, ergreifenden Worten
sprach er über jeden Stamm einen Segen; mit einem Dankgebet
für alle schloß er:
„Es ist kein Gott wie der Gott Jeschuruns, der am Himmel da-
herfährt dir zur Hilfe und in seiner Hoheit auf den Wolken. Zuflucht
ist bei dem alten Gott und unter den ewigen Armen. Er hat vor dir
her deinen Feind vertrieben und geboten: Vertilge! Israel wohnt si-
cher, der Brunnquell Jakobs unbehelligt in dem Lande, da Korn und
Wein ist, dessen Himmel von Tau trieft. Wohl dir, Israel! Wer ist dir
gleich? Du Volk, das sein Heil empfängt durch den Herrn, der deiner
Hilfe Schild und das Schwert deines Sieges ist!“
5.Mose 33,26-29
.
Dann wandte er sich schweigend von der Versammlung ab und
nahm allein seinen Weg hinauf zum Gipfel des Berges. Er stieg „auf
den Berg Nebo, den Gipfel des Gebirges Pisga“.
5.Mose 34,1
. Auf
dieser einsamen Höhe stand er und überschaute mit ungetrübten Au-
gen aufmerksam das Landschaftsbild, das sich vor ihm ausbreitete.
Weit im Westen glänzte das Wasser des Mittelmeers; im Norden
ragte der Hermon auf; im Osten lag die Hochebene von Moab und
dahinter Basan, der Schauplatz von Israels Sieg; und weit im Süden
dehnte sich die Wüste ihrer langen Wanderschaft.
In dieser Einsamkeit hielt Mose Rückschau auf die Wechselfälle
und Mühsale seines Lebens, seitdem er sich von höfischen Ehren und
einer möglichen Königsherrschaft in Ägypten abgewandt hatte, um
sein Geschick mit Gottes erwähltem Volk zu verbinden. Er dachte an
die vielen Jahre mit Jethros Herden in der Wüste, an die Erscheinung
des Engels im brennenden Busch und an seine Berufung, Israel zu
befreien. Er sah die gewaltigen Wunder wieder vor sich, durch die
Gottes Macht an seinem Volke offenbar wurde, und dessen langmü-
tige Barmherzigkeit in den Jahren der Wanderung und Empörung
der Israeliten. Obwohl Gott so viel für sie getan und Mose um sie
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gebetet und sich für sie eingesetzt hatte, waren von allen Erwachse-