Seite 460 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
nen aus dem großen Volk, das Ägypten verließ, nur zwei so getreu
erfunden worden, daß sie das verheißene Land betreten durften. Als
Mose das Ergebnis seiner harten Arbeit überblickte, schien es ihm,
als habe er sein mühevolles, opferreiches Leben nahezu vergeblich
gelebt.
Doch bedauerte er nicht, die Last auf sich genommen zu haben.
Er wußte, daß ihm Auftrag und Werk von Gott selbst bestimmt
worden waren. Anfangs schreckte er wohl vor der Verantwortung
zurück, Israels Befreier aus der Knechtschaft zu werden; aber seit er
den Dienst übernahm, hatte er die Bürde nicht wieder aufgegeben.
Selbst als der Herr beabsichtigte, ihn vom Amt zu entbinden und das
widerspenstige Israel zu vernichten, konnte Mose nicht zustimmen.
Wohl waren seine Prüfungen schwer gewesen, aber er hatte sich der
besonderen Gnade Gottes erfreut. Auf der Wüstenwanderung konnte
er einen reichen Erfahrungsschatz sammeln, als er Zeuge der Macht
und Herrlichkeit Gottes wurde und in der Gemeinschaft seiner Liebe
stand. Er wußte, daß er die richtige Entscheidung getroffen hatte, als
er es vorzog, mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden, statt eine
Zeitlang die Freuden der Sünde zu genießen.
Und doch, als er seine Erlebnisse als Führer des Volkes Gottes
überschaute, mußte er sich sagen, daß ein Unrecht seine Lebensge-
schichte beeinträchtigte. Wenn nur jene Sünde ausgelöscht werden
könnte, dann würde er nicht mehr vor dem Tode zurückschrecken.
Aber er war sich gewiß, daß Reue und Glauben an das verheißene
Opfer alles waren, was Gott verlangte, und so bekannte Mose noch
einmal seine Schuld und flehte im Namen Jesu um Vergebung.
Und nun eröffnete sich ihm in einem Gesicht das Panorama des
ganzen verheißenen Landes. Jedes seiner Teile breitete sich vor ihm
aus, nicht matt und unbestimmt in trüber Ferne, sondern in voller
Schönheit stellte es sich seinen entzückten Blicken dar. Nicht in
seiner damaligen Verfassung wurde es ihm gezeigt, sondern wie es
unter Gottes Segen in Israels Besitz einmal werden würde. Ihm war,
als sähe er ein zweites Eden. Die Berge waren von den Zedern des
Libanon bedeckt, die Hügel mit reichen Ölbäumen und duftenden
Weinstöcken; weite grüne Ebenen leuchteten im Blumenschmuck
und zeugten von reicher Fruchtbarkeit.
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Hier gab es tropische Palmen, dort wogende Kornfelder, sonnige
Täler, erfüllt vom Rauschen der murmelnden Bäche und dem Gesang