Seite 462 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Da krampfte sich sein Herz in Seelenangst zusammen, und ihm
kamen bittere Tränen aus Mitgefühl über den Schmerz des Sohnes
Gottes.
Mose folgte dem Heiland nach Gethsemane, erlebte seine To-
desangst im Garten, den Verrat, die Verhöhnung und Geißelung —
die Kreuzigung. Er erkannte nun: Wie er in der Wüste die Schlange
aufgerichtet hatte, so mußte der Sohn Gottes „erhöht werden, auf daß
alle, die an ihn glauben, ... nicht verloren werden, sondern das ewige
Leben haben“.
Johannes 3,14-16
. Schmerz, Unwille und Schrecken
überkamen Mose, als er die Heuchelei und den satanischen Haß
des jüdischen Volkes gegenüber ihrem Erlöser sah, dem mächtigen
Engel, der ihren Vätern vorangegangen war. Er hörte Christi To-
desschrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
(
Markus 15,34
) und sah ihn in Josephs neuem Grabe liegen. Hoff-
nungsloses Dunkel der Verzweiflung schien die Welt einzuhüllen.
Aber wieder schaute er und sah ihn als Sieger hervorkommen und
zum Himmel auffahren, begleitet von anbetenden Engeln, eine Men-
ge Auferstandener mit sich führend. Die glänzenden Tore waren
zu seinem Empfang geöffnet, und die himmlische Schar hieß ihren
Herrn mit Siegesliedern willkommen. Und jetzt wurde Mose offen-
bart, daß er selbst zu denen gehören würde, die dem Heiland dienen
und ihm die ewigen Tore öffnen sollten. Als er auf dieses Geschehen
blickte, leuchtete sein Antlitz von heiligem Glanz. Wie geringfügig
erschienen ihm nun die Mühen und Opfer seines Lebens, verglichen
mit denen des Sohnes Gottes, wie unbedeutend im Gegensatz zu der
„ewigen und über alle Maßen wichtigen Herrlichkeit“!
2.Korinther
4,17
. Wie froh war er, daß er — wenn auch nur in geringem Maße
— teilhaben durfte an den Leiden Christi!
Mose sah die Jünger Jesu hinausgehen, der Welt die Frohbot-
schaft zu bringen. Er erkannte ferner, wie Israel als Volk „nach dem
Fleisch“ (vgl.
Römer 9,3
) seine hohe Bestimmung verfehlte, zu
der es von Gott berufen war und wie es wegen seines Unglaubens
versäumte, das Licht der Welt zu sein. Obgleich sie Gottes Gnade
verachtet und seinen Segen als auserwähltes Volk verwirkt hatten,
verwarf Gott die Israeliten dennoch nicht; sie waren ja Abrahams
Same. Die herrlichen Pläne, die er durch Israel vollenden wollte,
mußten noch erfüllt werden. Alle, die durch Christus Kinder des
Glaubens werden würden, sollten zu Abrahams Nachkommen zählen