Seite 476 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Sechs Tage lang zog Israel um die Stadt. Am siebenten ordnete
Josua im ersten Morgengrauen das Heer des Herrn. Jetzt erhielt es
den Befehl, siebenmal um Jericho zu marschieren und bei einem
gewaltigen Posaunenton ein Kriegsgeschrei zu erheben, denn Gott
hatte ihm die Stadt übergeben.
Feierlich umschritt das gewaltige Heer die dem Untergang ge-
weihten Befestigungen. Alles schwieg. Man hörte nur den gleichmä-
ßigen Schritt vieler Füße und einen gelegentlichen Posaunenstoß, der
die Morgenstille unterbrach. Die wuchtigen Mauern aus schweren
Steinen schienen jeder Belagerung durch Menschen zu trotzen. Aber
die Wächter auf den Festungswällen sahen mit steigender Furcht,
wie dem ersten Umzug ein zweiter folgte, diesem ein dritter, vierter,
fünfter und sechster. Was mochte der Sinn dieser geheimnisvollen
Bewegungen sein? Welches gewaltige Ereignis stand ihnen bevor?
Sie brauchten nicht lange zu warten. Als der siebente Umzug be-
endet war, stand die lange Prozession still. Die Posaunen, die eine
Zeitlang geschwiegen hatten, brachen nun mit einem Geschmetter
los, daß die Erde erbebte. Da wankten die festen Steinmauern mit
ihren schweren Türmen und Zinnen, hoben sich aus ihren Grundfe-
sten und stürzten mit lautem Krachen zusammen. Die Einwohner
Jerichos waren vor Schreck wie gelähmt, und die Scharen Israels
drangen ein und besetzten die Stadt.
Sie hatten den Sieg nicht aus eigener Kraft gewonnen; die Er-
oberung war ausschließlich dem Herrn zu verdanken. Deshalb sollte
die Erstlingsfrucht des Landes — nämlich die Stadt — mit allem,
was sie enthielt, dem Herrn als Opfer gehören. Es mußte den Is-
raeliten eindrucksvoll deutlich werden, daß sie nicht für sich selbst
kämpften, sondern einfach als Gottes Werkzeuge seinen Willen aus-
führten. Sie sollten auch nicht nach Reichtümern oder Eigenruhm
streben, sondern nach der Verherrlichung Jahwes, ihres Königs. Vor
der Einnahme hatten sie deshalb Befehl bekommen: „Diese Stadt
und alles, was darin ist, soll dem Bann des Herrn verfallen sein ...
Hütet euch vor dem Gebannten und laßt euch nicht gelüsten, etwas
von dem Gebannten zu nehmen und das Lager Israels in Bann und
Unglück zu bringen.“
Josua 6,17.18
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Alle Bewohner der Stadt und alle lebenden Wesen darin, „Mann
und Weib, jung und alt, Rinder, Schafe und Esel“ (
Josua 6,21
) sollten
dem Schwert verfallen. Nur die gläubige Rahab blieb samt ihren An-