Seite 500 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Kaleb hatte er ebenfalls eine besondere Verheißung bezüglich seines
Erbes erhalten; doch bat er nicht um eine große Provinz, sondern um
eine einzige Stadt. Und sie „gaben ihm ... die Stadt, die er forderte
... Dann baute er die Stadt auf und wohnte darin.“
Josua 19,49.50
.
Man nannte sie Timnath-Serach, „der Teil, der übrig bleibt“, als ein
dauerndes Zeugnis für den edlen Charakter und die Selbstlosigkeit
des Eroberers. Statt sich die Kriegsbeute als erster anzueignen, stellte
er seine Ansprüche zurück, bis selbst der Geringste aus seinem Volk
versorgt war.
Sechs von den Städten, die den Leviten zugewiesen worden wa-
ren — auf jeder Seite des Jordans drei —, wurden zu Freistädten
bestimmt. Dorthin konnte ein Totschläger zu seiner Sicherheit flie-
hen. Schon Mose hatte bestimmt: „Ihr sollt Städte auswählen, daß
sie für euch Freistädte seien, wohin fliehen soll, wer einen Totschlag
aus Versehen tut. Und es sollen unter euch diese Städte eine Zuflucht
sein, daß der nicht sterben muß, der einen Totschlag getan hat, bis
er vor der Gemeinde vor Gericht gestanden hat.“
4.Mose 35,11.12
.
Diese barmherzige Einrichtung war wegen der Blutrache nötig, ei-
ner alten Sitte, bei der die Bestrafung des Mörders dem nächsten
Verwandten oder Erben des Getöteten zufiel. War die Schuld klar
erwiesen, brauchte man nicht auf die Gerichtsverhandlung durch die
Obrigkeit zu warten. Der Rächer konnte den Schuldigen überallhin
verfolgen und ihn umbringen, wo er ihn fand. Der Herr ließ diesen
Brauch damals nicht abschaffen, aber er traf eine Sicherheitsmaß-
nahme für diejenigen, die ohne Absicht getötet hatten.
Die Freistädte waren so verteilt, daß sie aus jeder Gegend des
Landes in einem halben Tag zu erreichen waren. Die dahin führen-
den Straßen sollten immer in gutem Zustand sein. Überall standen
Wegweiser, die in deutlicher, auffallender Schrift das Wort „Zu-
flucht“ trugen, damit der Flüchtige keinen Augenblick aufgehalten
wurde. Jeder — ob Hebräer, Fremdling oder Gast — konnte sich
diese Einrichtung zunutze machen. Wenn auch dadurch die Unschul-
digen nicht übereilt getötet werden durften, entgingen die Missetäter
deswegen ihrer Strafe nicht. Die zuständigen Obrigkeiten hatten
den Fall des Flüchtlings unparteiisch zu prüfen, und nur wenn er
vom vorsätzlichen Mord freigesprochen wurde, genoß er den Schutz
der Freistadt. Der Schuldige wurde dem Rächer ausgeliefert. Wer
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Anspruch auf Schutz hatte, mußte an dem ihm zugewiesenen Zu-