Seite 615 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Sauls Verwerfung
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Siege. Als er den Auftrag gegen die Amalekiter erhielt, ließ er sofort
den Kampf ausrufen. Zu seiner eigenen Vollmacht kam noch die
des Propheten, und die Männer Israels eilten zu den Waffen. Das
Unternehmen diente nicht der Bereicherung; die Israeliten sollten
weder Siegesruhm noch Beute von ihren Feinden einheimsen. Das
war ein ausschließlich im Gehorsam gegen Gott geführter Krieg,
um sein Urteil über die Amalekiter zu vollstrecken. Nach Gottes
Absicht sollten alle Völker den Untergang jenes Stammes sehen, der
seiner Oberherrschaft getrotzt hatte, und sie sollten darauf merken,
daß er gerade von dem Volk vernichtet wurde, das er verachtete.
„Da schlug Saul die Amalekiter von Hewila bis nach Schur,
das vor Ägypten liegt, und nahm Agag, den König von Amalek,
lebendig gefangen, und an allem Volk vollstreckte er den Bann mit
der Schärfe des Schwerts. Aber Saul und das Volk verschonten
Agag und die besten Schafe und Rinder und das Mastvieh und die
Lämmer und alles, was von Wert war, und sie wollten den Bann
daran nicht vollstrecken; was aber nichts taugte und gering war,
daran vollstreckten sie den Bann.“
1.Samuel 15,7-9
.
Dieser Sieg über die Amalekiter war der glänzendste, den Saul
je errungen hatte, und er entfachte seinen Stolz — die größte Gefahr
für ihn — aufs neue. Gott hatte seine Feinde zur völligen Vernich-
tung bestimmt, aber dieser Befehl wurde nur teilweise ausgeführt.
Ehrgeizig, wie er nun einmal war, wollte Saul den Triumph der sieg-
reichen Heimkehr noch durch die Anwesenheit eines königlichen
Gefangenen steigern. Er ahmte die Sitte der umwohnenden Völker
nach und verschonte deshalb Agag, den grausamen, kriegerischen
Amalekiterkönig. Das Volk dagegen behielt das beste Vieh aller Art
für sich und entschuldigte sein Unrecht mit der Begründung, es sei
als Opfer für den Herrn gedacht. Die eigentliche Absicht aber war,
diese Tiere als Ersatz zu verwenden, damit man die eigenen sparen
konnte.
Das war für Saul die endgültig letzte Bewährungsprobe. Seine
anmaßende Mißachtung des göttlichen Willens zeigte seine Ent-
schlossenheit, als unabhängiger Monarch zu herrschen, bewies aber
auch, daß man ihn nicht als Stellvertreter des Herrn mit der Königs-
macht betrauen konnte. Während Saul und sein Heer im Siegestau-
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mel heimkehrten, gab es im Hause des Propheten Samuel großen
Kummer. Er hatte eine Botschaft vom Herrn empfangen, die das