Seite 625 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Davids Salbung
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Bethlehem gekommen und habe nach ihm gesandt. Erstaunt fragte
er, weshalb der Prophet und Richter Israels gerade ihn sehen wolle;
aber er gehorchte, ohne zu zögern. „Er war bräunlich, mit schönen
Augen und von guter Gestalt.“ Während Samuel den ansehnlichen
und doch bescheiden wirkenden jungen Mann wohlgefällig betrach-
tete, sprach die Stimme des Herrn zu ihm: „Auf, salbe ihn, denn er
ist‘s.“ David hatte bis dahin gewissenhaft und unerschrocken als
schlichter Hirte gedient, nun erwählte ihn Gott zum Oberhaupt sei-
nes Volkes. „Da nahm Samuel sein Ölhorn und salbte ihn mitten
unter seinen Brüdern. Und der Geist des Herrn geriet über David
von dem Tag an und weiterhin.“
1.Samuel 16,12.13
. Der Prophet
hatte die ihm übertragene Aufgabe erfüllt und kehrte erleichtert nach
Rama zurück.
Samuel hatte nicht einmal der Familie Isais die Bedeutung seines
Auftrages erläutert, sondern Davids Salbung absichtlich heimlich
vollzogen. Es war für den jungen Mann die Ankündigung seiner spä-
teren hohen Bestimmung. Dieses Wissen sollte ihn bei den mannig-
faltigen Erlebnissen und Gefahren der kommenden Jahre befähigen,
Gottes Absicht in seinem Leben treu zu erfüllen.
Die erfahrene große Ehre machte David nicht stolz. Trotz der
hohen Stellung, die er einmal bekleiden sollte, ging er still seiner
Beschäftigung nach und wartete in Ruhe die weitere Entwicklung
der göttlichen Pläne zu seiner Zeit und auf seine Weise ab. Genauso
anspruchslos und bescheiden wie vor der Salbung kehrte er in die
Berge zurück und hütete die Herden sorgsam wie eh und je. Aber
die Melodien, die er sang und auf der Harfe begleitete, klangen jetzt
anders. Vor ihm dehnte sich eine Landschaft von reicher, mannig-
faltiger Schönheit. Im hellen Sonnenschein standen die Weinstöcke
voller Trauben. Die belaubten Bäume neigten sich im Winde. Er sah
die Sonne, die den Himmel mit Licht überflutete, hervorkommen
wie einen Bräutigam aus seiner Kammer und ihren Lauf nehmen wie
ein Held.
Psalm 19,6
. Da waren die steil aufragenden Berggipfel; in
weiter Ferne erhoben sich die kahlen Gebirgsklippen Moabs; weit
spannte sich der zartblaue Himmel. Und über allem war Gott. Er
konnte ihn nicht sehen, aber die Werke priesen den Schöpfer. Die
Morgensonne, die Wälder und Berge, Wiesen und Flüsse vergol-
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dete, richtete die Gedanken zum Vater des Lichts empor, zu dem
Geber aller guten und vollkommenen Gabe. Die tägliche Offenba-