Seite 636 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
vor dem Volk dastand. Er legte David eine Schlinge, indem er ihn
drängte, den Krieg gegen die Philister mit noch größerem Nachdruck
zu führen. Zur Belohnung versprach er ihm die Heirat mit seiner
ältesten Tochter. Auf diesen Vorschlag antwortete David beschei-
den: „Wer bin ich? Und was ist meine Sippe, das Geschlecht meines
Vaters, in Israel, daß ich des Königs Schwiegersohn werden soll?“
1.Samuel 18,18
. Der Monarch bewies seine ganze Unaufrichtigkeit,
als er die Prinzessin einem andern Mann gab.
Aber Michal, Sauls jüngste Tochter, hatte David gern, und das
gab dem König erneut Gelegenheit, gegen seinen Nebenbuhler Rän-
ke zu schmieden. Jetzt bot er ihm Michals Hand an unter der Bedin-
gung, daß er ihm den Beweis für den Tod einer bestimmten Zahl ihrer
Erzfeinde brächte. „Aber Saul trachtete danach, David umzubringen
durch die Hände der Philister.“ Gott schützte seinen Diener auch
hierbei. Er kehrte als Sieger aus der Schlacht zurück und wurde des
Königs Schwiegersohn. „Michal, Sauls Tochter, hatte David lieb“
(
1.Samuel 18,20.25
), und der verärgerte Monarch mußte erkennen,
daß sein Anschlag das Gegenteil bewirkte: Er ließ den aufsteigen,
den er vernichten wollte. Ihm wurde noch gewisser, daß dies der
Mann war, von dem der Herr gesagt hatte, er sei besser als Saul, und
der Israel an seiner Statt regieren sollte. Nun ließ er die Maske fallen
und befahl Jonathan und den Offizieren am Hofe, den Verhaßten zu
töten.
Doch Jonathan verriet es David und hieß ihn, sich zu verbergen,
während er selbst seinen Vater dringend bitten wollte, Israels Befreier
zu schonen. Er hielt dem König alles vor, was David zum Ruhme
und sogar zur Erhaltung des Volkes getan hatte und welch furchtbare
Schuld sein Mörder auf sich lüde. Das traf den König im Gewissen,
und er beruhigte sich allmählich. „Da hörte Saul auf die Stimme
Jonathans und schwor: So wahr der Herr lebt: er soll nicht sterben!“
1.Samuel 19,6
. Und David diente wieder vor ihm wie früher.
Erneut brach Krieg zwischen Israel und den Philistern aus, und
David befehligte das Heer gegen die Feinde. Die Hebräer errangen
einen überlegenen Sieg, und das Volk rühmte Davids Klugheit und
Tapferkeit. Da regte sich Sauls alte Bitterkeit wiederum. Als nun
der junge David vor ihm auf der Harfe spielte und den Palast mit
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wohlklingenden Melodien erfüllte, übermannte den König die Wut.
Er schleuderte einen Speer nach David, um ihn an die Wand zu