Seite 637 - Patriarchen und Propheten (1999)

Basic HTML-Version

David als Flüchtling
633
spießen. Aber der Engel des Herrn wandte die tödliche Waffe ab.
David entkam und floh in sein Haus. Saul entsandte Späher, die ihn
greifen und töten sollten, wenn er am Morgen herauskäme.
Michal setzte David sofort von der Absicht ihres Vaters in Kennt-
nis. Sie drängte ihn zur Flucht und ließ ihn aus dem Fenster herab,
so daß er entkam. Er entwich zu Samuel nach Rama. Der Prophet
fürchtete sich nicht vor dem Unwillen des Königs und nahm ihn
freundlich auf. Welch friedliche Stätte war Samuels Heim im Ge-
gensatz zum königlichen Palast! Hier, inmitten der Berge, setzte der
verdiente Knecht Gottes seine Tätigkeit fort. Mehrere Propheten
lebten bei ihm, die seinen Worten ehrerbietig lauschten und eifrig
den Willen Gottes erforschten. Auch David empfing wertvolle Hin-
weise von dem Lehrer Israels. Er meinte, Saul werde seinen Kriegern
nie befehlen, in diesen geweihten Bezirk einzudringen. Aber dem
umnachteten Geist des verzweifelten Königs schien kein Platz mehr
heilig zu sein. Davids Verbindung mit Samuel erregte des Königs
Argwohn. Konnte es nicht sein, daß der im ganzen Volk als Prophet
Gottes verehrte Mann seinen Einfluß für das Emporkommen des
Nebenbuhlers geltend machte? Als bekannt wurde, wo sich David
aufhielt, gingen Boten dorthin ab, um ihn nach Gibea zu holen, wo
Saul seine mörderischen Pläne auszuführen gedachte.
Sie machten sich in der Absicht auf den Weg, David umzubrin-
gen; aber ein Größerer als Saul hinderte sie daran. Unsichtbare Engel
traten ihnen entgegen wie einst Bileam, als er Israel fluchen wollte.
Sie fingen an zu weissagen von dem, was in der Zukunft gesche-
hen würde, und verkündeten den Ruhm und die Majestät Jahwes.
So wandte Gott menschlichen Zorn ab und offenbarte damit seine
Macht, dem Bösen Einhalt zu gebieten. Er umgab seinen Diener mit
schützenden Engeln.
Diese Nachricht erreichte Saul, während er begierig darauf war-
tete, David in seine Gewalt zu bekommen. Aber statt Gottes Zu-
rechtweisung herauszuspüren, wurde er noch gereizter und schickte
andere Boten aus. Doch auch sie wurden vom Geist Gottes über-
wältigt, und sie weissagten gemeinsam mit den ersten. Da sandte
der König eine dritte Gruppe aus; aber sie erlebte in der Gemein-
schaft des Propheten das gleiche. Nun machte sich Saul selbst auf.
[635]
Er konnte seinen grimmigen Haß nicht länger bezähmen. Er woll-
te auf keine andere Gelegenheit warten, David zu töten, sondern