Seite 642 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
zur Zeit nur als Flüchtling in einer verlassenen Höhle lebte, fühlten
sie sich bei ihm vor der irrsinnigen Wut des eifersüchtigen Königs
sicherer als irgendwo anders.
In der Höhle Adullam war die ganze Familie in Liebe und Ein-
tracht beisammen. Isais Sohn konnte musizieren und zum Harfen-
spiel singen: „Siehe, wie fein und lieblich ist‘s, wenn Brüder ein-
trächtig beieinander wohnen!“
Psalm 133,1
. Er hatte ihr Mißtrauen
bitter empfunden. Diese Harmonie statt der bisherigen Zwietracht tat
dem Verbannten wohl. Hier dichtete David den siebenundfünfzigsten
Psalm.
Kurze Zeit später stießen noch andere Männer, die der Be-
drückung des Königs entgehen wollten, zu Davids Gruppe. Viele
hatten längst das Vertrauen zu ihrem Herrscher verloren, weil sie
sahen, daß er nicht mehr unter der Leitung des Heiligen Geistes
stand. „Es sammelten sich bei ihm [David] allerlei Männer, die in
Not und Schulden und verbitterten Herzens waren, und er wurde ihr
Oberster; und es waren bei ihm etwa vierhundert Mann.“
1.Samuel
22,2
. David hatte ein eigenes kleines Königreich, in dem Ordnung
und Manneszucht herrschten. Aber selbst in diesem Schlupfwinkel
der Berge fühlte er sich nicht sicher. Dauernd erhielt er Beweise
dafür, daß der König seine Mordpläne nicht aufgegeben hatte.
Für seine Eltern fand er schließlich eine Zufluchtsstätte beim
König von Moab, er selbst aber floh in die Wälder von Hereth,
denn ein Prophet des Herrn hatte ihn gewarnt. Die Erfahrungen, die
David sammeln mußte, waren für ihn keineswegs wertlos. Gott nahm
ihn in die Schule, damit er ein tüchtiger Heerführer und auch ein
gerechter, gütiger König würde. Samt seiner Flüchtlingsschar wurde
er darauf vorbereitet, Sauls Aufgabe zu übernehmen, der wegen
seiner grausamen Leidenschaft und blinden Unbesonnenheit dazu
völlig unfähig geworden war. Niemand kann ohne Gottes Beistand
Ruhe und Weisheit zum gerechten, umsichtigen Handeln bewahren.
Keine Torheit wirkt sich so verheerend und hoffnungslos aus wie die,
sich von menschlicher Klugheit leiten zu lassen, die der göttlichen
Weisheit ermangelt.
Saul schickte sich an, David in der Höhle Adullam einzuschlie-
ßen und gefangen zu nehmen. Als man entdeckte, daß dieser seinen
Zufluchtsort verlassen hatte, wurde der König überaus wütend. Da-
vids Flucht war ihm ein Rätsel. Er konnte sich nur denken, daß ein
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